DIE KÖLNER EINGEMEINDUNGSPLÄNE FÜR DEN RAUM PORZ IN DEN JAHREN 1919 BIS 1951

Teil 2: Von 1945 bis 1951

Von Frank Schwalm

(erschienen in:

Rechtsrheinisches Köln - Jahrbuch für Geschichte und Landeskunde, Bd. 25, Köln 1999

herausgegeben vom Geschichts- und Heimatverein Rechtsrheinisches Köln e.V.

Friedrich-Ebert-Ufer 64 - 70

Historisches Archiv der Stadt Köln - Außenstelle Porz

51143 Köln - Porz

Deutschland)

 

DER WIEDERBEGINN DER EINGEMEINDUNGSDISKUSSION IM ERSTEN NACHKRIEGSJAHR

Am 6. März 1945 erreichten Truppen der 3. U. S. Panzerdivision das linksrheinische Köln. Während auf der rechten Rheinseite noch bis zum

14. April 1945 gekämpft wurde, machten sich im linksrheinischen Köln die amerikanischen Besatzungsbehörden schnell daran, die Stadtverwaltung wieder in deutsche Hände zu legen. Am 16. März 1945 wurde Willi Suth zum kommissarischen Oberbürgermeister ernannt. Konrad Adenauer selbst verzichtete zunächst auf die offizielle Berufung zum Oberbürgermeister, da er Konsequenzen für seine Söhne befürchtete, die sich noch als Soldaten an der Front befanden. Er erklärte sich aber bereit, als Berater für die Militärregierung zu arbeiten. Zwar wurde Adenauer erst am 4. Mai 1945 zum Oberbürgermeister ernannt, hatte aber "faktisch ... von Anfang an" unter Aufsicht der US-Militärbehörden die Amtsgeschäfte geleitet.

Der Wiederaufbau stand unter Aufsicht des deutschstämmigen Captain Albert C. Schweizer aus New York, der im Zivilberuf Architekt und Stadtplaner war. Bereits im April und Mai 1945 trat Suth mit Fragen zur Eingemeindung des Umlandes an Schweizer heran.

Der Stadtkommandant Lieutenant Colonel Patterson - von Beruf Bauingenieur - war sich bewußt, wie wichtig Stadtplanung und Bauverwaltung für die nächste Zukunft der Stadt waren. Deshalb stimmte er nur widerwillig dem Vorschlag Adenauers zu, den Juristen Carl Schweyer zum Baudezernenten zu ernennen und keinen Baufachmann. Nach der Übergabe Kölns an die britische Besatzung am 21. Juni 1945 blieb die von den Amerikanern eingesetzte Kölner Verwaltungsspitze bis zur Absetzung Adenauers am 6. Oktober im Amt.

Bereits im Mai 1945 ließ Adenauer die für Stadtplanung und Bauwesen zuständigen Fachämter der Stadt Köln Planungen für eine Stadterweiterung erstellen. Im Juni 1945 beauftragte Schweyer den Architekten Michael Fleischer mit der Stadtplanung. Fleischer, der NSDAP-Mitglied gewesen war, hatte der 1941 gegründeten "Planungs-GmbH" angehört. Ihr Ziel war es gewesen, Pläne für den Wiederaufbau Kölns nach dem erhofften "Endsieg" zu erstellen. Im Dezember 1945 wurde der Name in "Wiederaufbaugesellschaft" geändert, doch wurden die Pläne, die bisherige Organisationsstruktur und das Personal übernommen. Wichtige Mitglieder der Gesellschaft waren u. a. die Architekten und Stadtplaner Wilhelm Riphahn und Rudolf Schwarz. Riphahn hatte bereits während der ersten Amtszeit Adenauers als Oberbürgermeister maßgeblich an der Stadtgestaltung Kölns teilgehabt und prägte auch das Stadtbild Köln der Nachkriegszeit. Während des "Dritten Reiches" hatte er zeitweilig Berufsverbot.

 

Eingemeindungen als Voraussetzung für den Wiederaufbau Kölns

Die Kölner Stadtverwaltung fertigte - ungeachtet der Papierknappheit - im Mai und Juni 1945 in großer Zahl Stellungnahmen, Gutachten, Tabellen, Statistiken und Karten an, die die Notwendigkeit einer Stadterweiterung für den Wiederaufbau begründen sollten. Viele Schriftstücke enthalten zahlreiche Randbemerkungen oder Änderungsanweisungen Adenauers. Das ist ein Hinweis darauf, wie wichtig ihm die Angelegenheit gewesen sein muß. Die einzelnen Stellungnahmen wurden in einem Thesenpapier mit dem Titel "Pläne für den Wiederaufbau" zusammengefaßt, das offenbar nur zum internen Gebrauch erstellt worden war. Die hierbei erarbeiteten Grundgedanken dienten als Grundlage für die Begründung der Eingemeindungsanträge bei den Besatzungsbehörden.

Das von Adenauer unterzeichnete Thesenpapier griff die Vorstellungen aus den zwanziger Jahren auf: Die gesamte Kölner Bucht sei ein geographisch einheitlicher Raum, der im Westen vom Vorgebirge, im Süden von den Ausläufern des Rheinischen Schiefergebirges und im Osten durch das Bergische Land begrenzt werde. Daher sei eine "einheitliche Besiedlung" erforderlich.

Einige Formulierungen und Zahlenangaben des Thesenpapiers legen die Vermutung nahe, daß Adenauer das nicht mehr erhaltene Gutachten des früheren Stadtkämmerers Kiwit aus dem Zweiten Weltkrieg über die Notwendigkeit von Eingemeindungen gekannt hat. So hieß es auch in Adenauers Denkschrift, daß wegen der schweren Kriegszerstörungen das Zentrum zunächst nicht wiederaufgebaut werden könne, vielmehr müsse der Wiederaufbau "von außen nach innen" erfolgen. Einige Teile der Kernstadt seien ohnehin zu eng bebaut gewesen. So könnten auf einer der Fläche, auf der vor dem Kriege 150 000 Wohnungen standen, nur noch 40 000 entstehen. Im Stadtgebiet Kölns seien aber, außer im Norden, keine bebaubaren Freiflächen mehr vorhanden. Die Schließung von Baulücken im Stadtgebiet könne den großen Wohnungsbedarf nicht decken. Deshalb müßten die Planungen für den Wohnungsbau über die Stadtgrenzen hinweggehen. Um den Grüngürtel im Linksrheinischen und die für die "Durchlüftung" des Stadtgebiets notwendigen radial verlaufenden Freiflächen zwischen den rechtsrheinischen Ortschaften zu erhalten, schlug Adenauer die Errichtung von Trabantenstädten vor, die sich inmitten landwirtschaftlich genutzter Flächen außerhalb der bebauten Stadt "in einem Ring um das Stadtgebiet legen" sollten. In den späteren Versionen wurde das Wort "Trabantenstädte" vermieden, statt dessen sprach man von einer "Art des Bauens ..., um den Ansprüchen des modernen Lebens gerecht zu werden". Eine einheitliche Raumordnung könne nur durch eine einheitliche Verwaltung zügig durchgeführt werden. Die Eingemeindung des gesamten Landkreises Köln sowie der Gemeinden Porz, Bensberg, Odenthal und der Stadt Bergisch Gladbach seien daher "die unerläßliche Voraussetzung für den geplanten Wiederaufbau der Stadt Köln". Dadurch solle das Stadtgebiet um das Eineinhalbfache von 25 124 ha auf 63 728 ha anwachsen.

Da auf der rechten Rheinseite nur "einzelne, zusammenhanglose Ortschaften mit großen Industrieunternehmen" lagen, orientierte sich Adenauer an den über 20 Jahre zuvor von dem Stadtplaner Schumacher aufgezeigten Entwicklungszonen auf der rechten Rheinseite, um hier eine einheitliche Struktur zu entwerfen. Adenauer bezog in dem ersten Thesenpapier zunächst Porz ausdrücklich in die Planung ein; in den späteren Fassungen wurden nur noch die Orte Ostheim, Rath/Heumar, Brück, Lustheide, Bensberg, Dellbrück, Bergisch Gladbach und Dünnwald als mögliche Bebauungsgebiete aufgeführt. Außer Lustheide, Bensberg, Bergisch Gladbach und Heumar gehörten alle genannten Orte bereits zum Stadtgebiet Kölns, so daß eine Eingemeindung nicht mehr die Voraussetzung für die Planung und Bebauung war. Auf diesen Widerspruch wurde später in der Denkschrift des Rheinisch-Bergischen Kreises verwiesen.

Es fällt auf, daß in den verschiedenen Fassungen der Denkschrift zur Eingemeindung unterschiedliche Zahlenangaben zum Wohnungsbedarf enthalten sind. Im Mai 1945 veranschlagte Adenauer den Bedarf für Neubauwohnungen auf insgesamt 200 000 Einheiten; für Neubaumaßnahmen (einschließlich der Gewerbe- und Industriegebiete) würde ein Gebiet von etwa 14 000 bis 15 000 ha benötigt.

Diese Angaben wurden von Adenauer später nach unten korrigiert: Der US-Militärregierung teilte er Anfang Juni mit, daß außerhalb der Stadtgrenzen 100 000 Wohnungen errichtet werden müßten. Den Briten nannte er in der deutschen Fassung einer Denkschrift die Zahl von 110 000 Wohnungen, in der englischen Übersetzung 100 000. Auch in der vom Landkreis Köln gedruckten Fassung wurde als Bedarf 110 000 Wohnungen angegeben. Der Flächenbedarf für Neubauprojekte wurde in späteren Fassungen der Denkschrift nur noch mit 10 000 bis 11 000 ha veranschlagt.

Adenauer schloß sein Thesenpapier mit den Worten, daß Köln "nach den furchtbaren Kriegsjahren zu einem zweiten tiefen Atemholen ansetzen und sein Gebiet bis an die natürliche Grenzen seines Lebensraumes ausdehnen" wolle, "um zur vollen Entfaltung seiner Kräfte zu gelangen. Voraussetzung" sei "die verwaltungsmäßige Eingliederung der Randgebiete in das Kölner Stadtgebiet".

Der Architekt Wilhelm Riphahn legte am 14. Juli 1945 seine "Grundgedanken zur Neugestaltung von Köln" vor. Er sprach sich für den Neubau von Wohnungen im Rechtsrheinischen entlang der Linie Dünnwald - Dellbrück - Brück - Rath/Heumar aus. Auch sollten südlich der Stadtgrenze Siedlungen bei den Porzer Ortschaften Urbach, Ensen und Westhoven errichtet werden. Riphahn vertrat die Ansicht, daß die "hierdurch erforderlich werdenden Eingemeindungsfragen ... im Rahmen der politischen und wirtschaftlichen Neugestaltung leichter denn je gelöst werden" können. Auch seien die auf der linken Rheinseite liegenden Ortschaften Rodenkirchen und Sürth "schon seit Jahren eingemeindungsreif".

 

DER ANTRAG ADENAUERS AUF EINGEMEINDUNG UMLIEGENDER LANDKREISE BEI DER AMERIKANISCHEN MILITÄRREGIERUNG

Am 2. Juni 1945 stellte Adenauer bei der amerikanischen Militärregierung den Antrag auf Eingemeindung des Landkreises Köln und von Teilen des Rheinisch-Bergischen Kreises. Er wies darauf hin, daß die Stadt mit dem Umland eng verflochten sei: "Der ganze Landkreis Köln und eine Reihe von Orten auf der rechten Rheinseite werden nur dann leben können, wenn auch Köln leben wird". Adenauer räumte ein, daß "man mit der Eingemeindung nicht bis zu diesen Grenzen [zu] gehen braucht. Praktischer scheint es mir aber ... zu sein, diese Ämter in ihrem ganzen Umfange der Stadt Köln einzuverleiben".

Offensichtlich um die Angelegenheit zu beschleunigen, legte Adenauer neben Antrag und Begründung einen Entwurf für eine entsprechende Verordnung der Militärregierung bei:

"1. The Rural District of Cologne (Landkreis Köln) and the Communities"

- hier folgen zwei Leerzeilen - "situated in the Rheinisch-Bergische Kreis are united with the Urban Community of Cologne (Stadtgemeinde Köln) with boundaries towards the remaining Rheinisch-Bergische Kreis".

Adenauer ließ durch die zwei Leerzeilen - im wahrsten Sinne des Wortes - offen, welche Gemeinden des Rheinisch-Bergischen Kreises er dem Stadtgebiet zugeordnet haben wollte. Wahrscheinlich wußte Adenauer nicht, inwieweit er seine Vorstellungen durchsetzen konnte. Wie bereits in den zwanziger Jahren war er nicht an den heute zum Oberbergischen Kreis gehörenden östlichen Teilen des Rheinisch-Bergischen Kreises interessiert.

Der Kölner Regierungspräsident sollte nach Adenauers Vorstellungen bei Unstimmigkeiten das letzte Wort in der Eingemeindungsfrage haben:

"3. Rights of property questions arising will be settled by agreement between the Urban Community of Cologne and the Rheinisch-Bergische Kreis. In case no agreement should be reached in the course of these negotiations, the Regierungspräsident will pronounce the final decision in questions of issue".

In der Kopfzeile werden die rechtlichen Grundlagen für die Verordnung genannt: Die Proklamation Nr. 1 und das Gesetz Nr. 6. Diese besagten, kurzgefaßt, daß die gesetzgebende, rechtsprechende und vollziehende Gewalt auf den Obersten Befehlshaber der Alliierten Streitkräfte übergegangen war und die Formvorschriften des Deutschen Reiches außer Kraft gesetzt waren. Mithin wäre es recht einfach gewesen, durch eine Verordnung der Militärregierung eine Eingemeindung herbeizuführen.

Adenauer wandte sich unverzüglich an den Regierungspräsidenten Busch und bat ihn, den Antrag bei der Militärregierung "wärmstens" zu unterstützen und dabei die "Eilbedürftigkeit der Angelegenheit" zu verdeutlichen. Er habe bereits mit Captain Schweizer hierüber gesprochen, der diese Angelegenheit dem Stadtkommandanten Lieutenant Colonel Patterson und seinem Stellvertreter Hiles vortragen werde.

Am 7. Juni 1945 drängte Adenauer die Militärregierung zu raschem Handeln. Die Stimmung in der Kölner Bevölkerung sei "außerordentlich gedrückt", insbesondere die Heimkehrenden seien wegen des Ausmaßes der Zerstörungen entmutigt. Die Stimmung in der Stadt könne verbessert werden, wenn die von ihm beantragten Eingemeindungen bald durchgeführt würden. "Die Bevölkerung würde darin einen sichtbaren Beweis dafür erblicken, daß Köln aufgebaut wird".

Patterson und Schweizer standen dem Anliegen auf Ausdehnung der Stadt Köln grundsätzlich wohlwollend gegenüber. Dies deckte sich auch mit den Grundsätzen der amerikanischen Kommunalverfassung, die in der Regel nur flächenmäßig große Gemeinden kannte. Schweizer legte am 9. Juni 1945 einen Bericht dem stellvertretenden Stadtkommandanten Lieutenant Colonel Hiles vor. Hiles hielt Adenauers Plan für gut durchdacht und stimmte mit ihm "trotz verschiedener diskutabler Punkte vollkommen" überein: Die Bevölkerungsdichte werde durch die Umsetzung der Pläne Adenauers aufgelockert. Der Ausbruch von Seuchen könne verhindert werden. Auch der "Entwicklung einer diktatorischen Führerschaft" könne entgegengewirkt werden. Die Ausdehnung der Stadt werde dem im Kölner Raum "bereits im starken Grade vorhandenen demokratischen Geist förderlich" sein. Köln sei "ein natürlicher Ausgangspunkt für die Ausbreitung wirklicher Demokratie in Deutschland". Ein Vorschlag zur Erweiterung des Stadtgebiets sei für die Förderung des demokratischen Geistes "ideal". Deshalb empfahl Schweizer den befugten Behörden aufgrund des amerikanischen Interesses an der Demokratisierung die "Erwägung des Planes". Noch am 11. Juni erstellte die Stadtverwaltung Köln auf Anforderung der Amerikaner ein Gutachten über die rechtlichen Fragen und Folgen einer Eingemeindung des Landkreises Köln und von Teilen des Rheinisch-Bergischen Kreises, das von Adenauer intensiv handschriftlich überarbeitet wurde.

Es kam nicht mehr zur Umsetzung des Eingemeindungsvorhabens. Die Amerikaner wollten keine weitreichenden Entscheidungen den Briten vorwegnehmen, denen nach der endgültigen Festlegung der Besatzungszonen mit Wirkung vom 15. Juni 1945 die nördliche Rheinprovinz zugeteilt wurde. Adenauer behauptete im Juli, daß der amerikanische Gouverneur in Hilden "die Angelegenheit seinem britischen Nachfolger mit wärmster Befürwortung übergeben" habe.

 

VORLAGE DER EINGEMEINDUNGSPLÄNE BEI DER BRITISCHEN MILITÄRREGIERUNG

Die Stadtverwaltung machte sich gleich nach dem Abzug der Amerikaner daran, die Eingemeindungspläne der neuen Besatzungsmacht zu unterbreiten. Schweyer notierte am 27. Juni 1945: "Bei einer Besprechung mit Major Holt erklärte dieser heute, daß das Kölner Eingemeindungs-Projekt der britischen Militär-Regierung bereits vorliege und zur Zeit geprüft werde".

Adenauer glaubte, auch die Briten für sich gewinnen zu können. Er versuchte zunächst, den Oberpräsidenten der Rheinprovinz, Fuchs, zum Fürsprecher zu machen. Am 7. Juli gab er ein Interview in der von der Militärregierung herausgegebenen Zeitung "Kölnischer Kurier". Er bekräftigte noch einmal den Gedanken, daß zunächst in den Außenbezirken gebaut werden sollte. Dabei sollte die Großstadt in kleinere Siedlungen mit jeweils etwa 15 000 Einwohnern außerhalb der eigentlichen Stadt aufgelöst werden, zwischen denen landwirtschaftliche Nutzflächen liegen sollten. Zu einer möglichen Stadterweiterung äußerte er sich nicht konkret.

Währenddessen erörterten Baudezernent Schweyer, der Bankier Pferdmenges und der Geschäftsführer der Industrie- und Handelskammer, Hilgermann, mit Mr. Burton von der Bauabteilung der britischen Militärregierung Eingemeindungsfragen. Schweyer meinte, eine Eingemeindung sei nötig, damit das Wohnungsproblem im ganzen Großraum Köln einheitlich geregelt und die nötigen Baustoffe gerecht verteilt würden. Die Stadt müsse die Möglichkeit haben, "die zurückströmende Bevölkerung schon jetzt in den Landgemeinden unterzubringen". Schweyer gab Adenauer den Rat, bei Gesprächen über Eingemeindungen auch die aktuelle Notlage einzubeziehen und nicht nur längerfristige Planungen vorzustellen.

Am 18. Juli 1945 trafen Adenauer und Schweyer zu einer Besprechung mit den Herren Bull und Burton von der Bau-Abteilung der Militärregierung zusammen; als Dolmetscherin war Adenauers Assistentin Amalie Goldkuhle zugegen. Die Besprechung begann in einer gereizten Atmosphäre. Adenauer begann mit weitschweifenden Erläuterungen und wurde von Bull dabei ständig unterbrochen.

Eine objektive Darstellung dieser Besprechung ist schwer möglich, da keine Wortprotokolle vorliegen, sondern nur Zusammenfassungen, deren Inhalte in den wesentlichen Punkten stark voneinander abweichen.

Laut dem knappen Protokoll der Bauabteilung der Militärregierung ging es bei dieser Konferenz nur darum, wie das Problem zu lösen sei, den täglichen Zustrom von 2 000 Menschen - vorwiegend ehemals evakuierte Kölner - in der zerstörten Stadt unterbringen zu können. Nach den Zahlen, die die Kölner Verwaltung vorlegte, rechnete man damit, daß bis Ende Oktober die Bevölkerung auf 418 000 Menschen anwachsen werde. Doch selbst bei einer erheblichen Überbelegung der vorhandenen und notdürftig instandgesetzten Wohnungen könnten 100 000 Menschen nicht im Stadtkreis untergebracht werden.

Dann kommt eine sehr interessante Stelle: "The suggestion was put to the Overburgermaster that the only solution of the housing problem was the incorporation of the Cologne Landkreis together with the Stadtkreis and City. Under pressure the Overburgermaster agreed to such an incorporation. We suggest therefore that as a solution to the housing problem that an order is made incorporating the Cologne Landkreis under the direct supervision of the Overburgermaster".

Wie ist der Satz zu verstehen: "Unter Druck erklärte sich der Oberbürgermeister mit einer solchen Eingemeindung [des Landkreises Köln] einverstanden"? Sollte der "alte Fuchs" bei den Engländern den Eindruck erweckt haben, daß Köln den überaus hohen Bevökerungszustrom zwar gerne bewältigen wolle, es aber aus eigener Kraft nicht könne, und daß daraufhin die Engländer den Einfall hatten, das Problem einfach durch eine Eingemeindung des Landkreises Köln - der Adenauer anscheinend nur widerstrebend zustimmte - zu lösen? Eine solche Taktik wäre ihm zuzutrauen. Er wäre dann bei den künftigen Verhandlungen mit den deutschen Stellen in der Lage gewesen, auf eine entsprechende Anordnung der Militärregierung zu verweisen.

Auf diesem Protokoll beruht offensichtlich auch ein Bericht der Abteilung Handel und Industrie der Militärregierung vom 23. Juli, in dem noch höhere Zuwanderungszahlen genannt werden. Auch hier steht in der englischen Fassung, daß der Oberbürgermeister unter Druck einer Eingemeindung zustimme. In der - allerdings sprachlich unbeholfenen - deutschen Übersetzung liest sich das aber so, als ginge der "Druck" vom Oberbürgermeister aus.

Wieder eine andere Variante liefert die von Adenauers Assistentin Goldkuhle verfaßte mehrseitige Niederschrift: Danach hat Adenauer die Besprechung mit seinem Wunsch auf Eingemeindung des Landkreises Köln und "von Teilen des Bergisch-Gladbacher und Bensberger Bezirks" begonnen. Er beherzigte allerdings Schweyers Rat und betonte die Notwendigkeit der Schaffung von Wohnraum für Heimkehrer und Flüchtlinge. Bull hingegen stand auf dem Standpunkt, daß nur "die zurückkommen sollten, deren Heimat Köln sei". Den Zuzug von Heimatvertriebenen nach Köln lehnte die Militärregierung ab.

Bull habe dann Adenauer vorgeschlagen, seinen Antrag zunächst auf das Westufer, d.h. auf den Landkreis Köln, zu beschränken. Offenbar schienen die Briten einer Stadterweiterung nicht grundsätzlich ablehnend gegenüberzustehen. Zur Frage der Eingemeindung von Gebieten auf dem Ostufer wurde angeführt, daß hier das Fabrikzentrum liege. Bull leuchtete ein, daß es ratsam sei, die dort Beschäftigten im Hinterland wohnungsmäßig unterbringen zu können. also im Raum Bergisch Gladbach. Er hielt es jedoch für richtiger, nicht zu viel auf einmal zu beantragen, sondern einen entsprechenden Eingemeindungsantrag auf Teile von Bergisch-Gladbach und Bensberg ein bis zwei Wochen später folgen zu lassen.

Allerdings bezweifelte Bull, daß die Schaffung von Wohnraum der einzige Grund für die geplante Eingemeindung sei. Er fragte Adenauer, ob nicht der Hintergedanke hierbei sei, Steuerzahler für den Wiederaufbau zu gewinnen. Adenauer wies diese Vermutung weit von sich und betonte, daß es ihm ausschließlich um die rasche Schaffung von Wohnraum ginge.

Von einem Druck der Militärregierung auf Adenauer, das Wohnungsproblem durch Eingemeindung zu lösen, steht in dieser Niederschrift also nichts. Denkbar ist, daß Frau Goldkuhle als loyale Mitarbeiterin Adenauers in ihrer Niederschrift alles weggelassen hat, was dem Ansehen ihres Chefs bei der Kölner Verwaltung hätte abträglich sein können.

Gleichviel, die Verhandlungen über Eingemeindungen des Umlandes waren wieder in Gang gekommen.

 

Der überarbeitete Eingemeindungsantrag

Am 9. August 1945 erneuerte Adenauer seinen Antrag auf Eingemeindung und übergab Major Holt eine erweiterte Fassung der Denkschrift vom Mai 1945. Inhaltlich hatte sich wenig geändert. Es wurde lediglich aufgrund des Rückstroms der Evakuierten neues Zahlenmaterial vorgelegt. Auch war die Denkschrift sprachlich überarbeitet und erweitert worden. Wie oben bereits erwähnt wurde, stimmen deutscher Originaltext und englische Übersetzung bei den Zahlenangaben nicht überein.

Einen Tag später besichtigten Adenauer, Oberpräsident der Rheinprovinz Fuchs und Regierungspräsident Busch zusammen mit Colonel Barraclough von der britischen Militärregierung für die Rheinprovinz in Düsseldorf die zerstörte Kölner Innenstadt. Der Oberbürgermeister wandte sich daraufhin mit einer ungewöhnlichen Bitte an Regierungspräsident Busch und erklärte, Barraclough habe nach der Besichtigung des Dombunkers gesagt, daß innerhalb der alten Stadt niemand eine Wohnung bekommen dürfe. Er knüpfte an eine Bemerkung an, die er machte, als Adenauer mit ihm über die Eingemeindung sprach. Adenauer schloß daraus, daß Barraclough damals nicht von der Richtigkeit seiner Ausführungen überzeugt gewesen sei, jetzt aber ihre Richtigkeit einsehe. Er bat den Regierungspräsidenten darum, "bei sich ergebender Gelegenheit die Eingemeindungsfrage bei ihm zur Sprache zu bringen, gestützt auf die stattgehabte Besichtigung". Wenige Tage später mußte Adenauer eingestehen, daß die Engländer der Eingemeindungsfrage, gedrängt durch Vertreter des Landkreises Köln, skeptisch gegenüber standen. Kurz darauf veröffentlichten die betroffenen Landkreise Gegengutachten zur geplanten Stadterweiterung.

 

DIE HALTUNG DES LANDKREISES KÖLN

Die von einer möglichen Stadterweiterung betroffenen Landkreise waren zunächst nicht durch die Stadt Köln von ihren Absichten informiert worden. Adenauer führte am 16. August 1945 mit Landrat Dr. Disse vom Kreis Köln-Land eine vertrauliche und unverbindliche Besprechung über die Eingemeindungsfrage und ließ ihm seine Denkschrift zusenden. Unter Bruch der Vertraulichkeit ließ der Landrat die Denkschrift nachdrucken und, verbunden mit der Bitte um Stellungnahme, verschiedenen Stellen im Landkreis zusenden. Außerdem ließ der Landkreis durch den Juristen Josef Fachinger ein Gegengutachten dazu erstellen, das im Oktober 1945 veröffentlicht wurde. Dies diente später dem Rheinisch-Bergischen Kreis zur Erstellung eines ähnlichen Memorandums. Aus diesem Grund soll hier darauf näher eingegangen werden.

Im Gegensatz zu Adenauer hatte Landrat Disse mit seinen Argumenten bei den Briten Erfolg. Sie sahen in der Ausdehnung Kölns weder einen sinnvollen Beitrag zum Wiederaufbau der Domstadt noch einen Schritt für die Schaffung demokratischer Verhältnisse in Deutschland. Adenauers Stadterweiterungskonzepti war für den Militärgouverneur der Rheinprovinz, Brigadier Barraclough, zumindest ein Vorwand, ihn aus dem Amt des Oberbürgermeisters entlassen, obwohl Barracloughs Abteilung zunächst auf lange Sicht "eine günstige Beurteilung dieses Vorschlages empfohlen" hatte.

Zurück zu dem Gutachten Fachingers: An einer Reihe von Parallelzitaten ist zu erkennen, daß er den unveröffentlichten Runderlaß des Reichsinnenministers von 1935 über das Verfahren bei Eingemeindungen vorliegen hatte. Möglicherweise lagen ihm auch Kopien der Kiwit-Gutachten und der Porzer Stellungnahmen aus dem "Dritten Reich" vor.

Der Eingemeindungswunsch der Stadt Köln, schrieb Fachinger, sei nichts Neues und Unerwartetes. Bereits bei den Stadterweiterungen von 1888, 1910 und 1922 habe der Landkreis Köln große Gebiete an die Stadt Köln abgeben müssen. Der Wunsch, den Landkreis dem Stadtgebiet anzugliedern, habe bereits in den zwanziger Jahren "zu den besonderen Lieblingsprojekten" Adenauers gehört. Der Plan sei damals aufgrund des Widerstandes der betroffenen Bevölkerung und an der Ablehnung des zuständigen Ministeriums gescheitert.

Fachinger hielt die in der Kölner Denkschrift angegebene Zahl von

110 000 Wohnungen, die außerhalb des Stadtgebietes als Trabantenstädte gebaut werden sollten, für "zu hoch gegriffen". Die Stadt leiste sich damit den "Luxus ..., jetzt nur 40 000 Wohnungen dort zu bauen, wo früher 150 000 standen". Auf dem stadtkölnischen Gebiet seien noch sehr große unbebaute Flächen vorhanden. Bei Worringenr seien etwa 5 600 ha vorhanden, da das geplante Hafen- und Industriegebiet mit den dazugehörigen Arbeitersiedlungen bislang nicht verwirklicht worden sei. Auch im rechtsrheinischen Köln seien noch rund 6 000 ha Bauland vorhanden.

Fachinger warf die Frage auf, ob ein solches "Mammutgebilde", wie es der Eingemeindungsplan vorsehe, "überhaupt ein sinnvolles Zukunftsziel" sei. Er prophezeite für den Landkreis Köln einen tiefgreifenden Strukturwandel. Es bestehe die Gefahr, daß eine solche Riesenstadt in einigen Jahren "zu einem unlösbaren Wirtschafts - und Sozialproblem" werden könne.

Für eine großräumige Planung sei es nicht notwendig, daß die Stadt Köln über den gesamten Raum die Verwaltungshoheit habe. Wie einige Jahre zuvor die Porzer Verwaltung vertrat Fachinger die Auffassung, daß die Beseitigung von Kriegsschäden keinen Grund für eine Stadterweiterung darstelle. Fachinger schlug vor, einen Siedlungs- und Planungsverband zu gründen, der aus der Stadt Köln, dem Kreis Köln-Land und dem Rheinisch-Bergischen Kreis bestehen solle. Der Verband solle eine "einheitliche Siedlung und Wahrung einheitlicher Gesichtspunkte in einem siedlungstechnischen Raum" sicherstellen. Denn als "bestes und brauchbarstes Mittel" habe sich "immer noch die Bildung eines Zweckverbandes erwiesen, insbesondere zwischen Stadt- und Landkreis für die Planung, für die Feststellung der Bebauungs- und Fluchtlinienpläne, für die Mitwirkung an dem Erlaß von Polizeiverordnungen sowie für einzelnen Gemeinschaftseinrichtungen".

Fachinger betonte, daß jede Gemeinde - mit Hilfe des Kreises - in der Lage sei, für die ortsansässige Bevölkerung zu sorgen. Die Gemeinden seien "nicht bloßer Appendix der benachbarten Großstadt", sondern Glieder eines eigenständiges Wirtschaftsgebietes. Ein Vorteil der ortsnahen Administration sei die persönliche Bindung zwischen Bürgern und Verwaltung. Bei einer großen Stadtverwaltung ginge der persönliche Kontakt verloren. Nach einer Eingemeindung werde eine selbständige Gemeinde zu einem "unbedeutenden" Ortsteil der Stadt, da die Verwaltung dann zentralisiert werde. Eine Einteilung der Stadt in Stadtbezirke hielt auch Fachinger nicht für sinnvoll, da die Stadt gegenüber den Bezirken nie auf die Finanzhoheit, die "das Fundament jeder Selbstverwaltung" sei, verzichten werde.

Er befürchtete, daß die eingemeindeten Gebiete im Rat der Stadt Köln unterrepräsentiert würden. Der einzelnen Bürger verliere das Interesse an Politik, da er keinen Einfluß mehr ausüben könne. Eine demokratische Selbstverwaltung in den Großstädten sei nur noch "ein Schemen, ein verwaltungstechnischer Begriff". Nach zwölf Jahren Diktatur, so Fachinger, "sollte man doppelt gut überlegen, ob es zweckmäßig ist, kleine oder größere Gemeinden, die anerkanntermaßen die besten Schulen der Demokratie sind, in ihrem Eigenleben auszulöschen".

Im Porzer Gutachten zu den Kölner Eingemeindungsplänen von 1943 waren ähnliche Bedenken geäußert worden, allerdings unter anderen Vorzeichen. Durch eine mögliche Eingemeindung verliere "die Bürgerschaft das Interesse an der Verwaltung". Sie sei von der Mitwirkung bei der Durchführung der Verwaltungsarbeit ausgeschlossen. Es liege aber "im Sinne der Staatsführung, die Bevölkerung weitgehendst zur ehrenamtlicher Mitwirkung heranzuziehen". Im Porzer Gutachten werden kleine Gemeinden als "die besten Stützen des Staates" bezeichnet. Die Verwaltungen dieser Gemeinden würden "durch bessere Betreuung den Reichsgedanken stärken, die nationalsozialistische Ausrichtung fördern und die Reichsfreudigkeit der Gemeindebürger [werde] nur erhöht".

Fachinger gab die Stellungnahmen aus der NS-Zeit nicht als Quelle für seine Zitate an. Dies ist aber wohl nicht aus Nachlässigkeit geschehen, vielmehr liegt die Vermutung nahe, daß er sich hütete, die Quellen anzugeben. Denn die Herkunft von Zitaten, die aus politisch unbedenklichen Schriften stammten, hat er sehr wohl genannt.

 

DIE HALTUNG DES RHEINISCH-BERGISCHEN KREISES UND DER GEMEINDE PORZ

Der Rheinisch-Bergische Kreis erfuhr erstmalig durch ein Schreiben der britischen Militärregierung vom 25. August 1945 von dem Vorhaben Adenauers, Teile des Kreises dem Stadtgebiet Kölns anzugliedern. Am 30. August 1945 wurde auch die Konferenz der Bürgermeister des Kreises davon in Kenntnis gesetzt, daß die Stadt Köln bestrebt sei, die Orte des ehemaligen Landkreises Mülheim einzugemeinden, wenn die betroffenen Gemeinden keinen Widerspruch einlegten. Dem englischen Schreiben waren die für eine Eingemeindung sprechenden Argumente der Stadt Köln und die Gegenargumente des Landkreises - jeweils in Kurzfassung - beigefügt.

Aus dem Anschreiben der englischen Dienststelle geht deutlich hervor, daß die Militärregierung nicht viel von dem Kölner Eingemeindungsplan hielt, jedenfalls nichts von einem, der in nächster Zeit umzusetzen war. Das Detachment 714 in Düsseldorf unter Brigadier John Barraclough hatte zwar "eine günstige Beurteilung dieses Vorschlages" empfohlen, jedoch mit dem einschränkenden Zusatz "auf lange Sicht". Andererseits aber gaben die Engländer zu bedenken, daß es dringendere Probleme zu lösen gebe, z.B. die Unterbringung der Bevölkerung für den kommenden Winter zu sichern. Abschließend forderte die Militärregierung vom Landrat eine Stellungnahme zu den Eingemeindungsplänen, die am 13. November 1945 vorgelegt wurde.

Bei den betroffenen Landkreisen, erst recht aber bei den politischen Gremien der Gemeinden setzte im Herbst 1945 eine lebhafte Diskussion über die Kölner Eingemeindungspläne ein. Zu diesem Zeitpunkt allerdings reißt die Kölner Aktenüberlieferung regelrecht ab, da Adenauer offensichtlich aufgrund der Proteste des Landkreises Köln von seinem Vorhaben Abstand genommen hatte. Sein Nachfolger Ernst Pünder erklärte im März 1946, daß Köln vordringlichere Aufgaben als die Eingemeindung zu lösen habe.

Die Unterrichtung des Porzer Beratungsausschuß durch Bürgermeister Olbrich

Die Bürgermeister der Gemeinden im Rheinisch-Bergischen Kreis erhielten Anfang September 1945 Abschriften des britischen Anschreibens der Militärregierung vom 25. August mitsamt den Anlagen.

Der Porzer Bürgermeister Robert Olbrich erarbeitete daraufhin eine Stellungnahme, die er mit den Zusammenfassungen der Kölner Denkschrift und den Bedenken des Landkreises Köln an die Mitglieder des Porzer Beratungsausschusses sandte. Für die Sitzung am 10. September 1945 erbat er von den Mitgliedern eine schriftliche Einschätzung des Problems. Olbrich schloß sich den Ausführungen des Landkreises Köln "in allen Teilen" an. Er sah in der geplanten Eingemeindung weder für die Wirtschaft noch für die einzelnen Gemeindebürger einen Vorteil, fürchtete vielmehr eine höhere Steuerbelastung.

Auch Olbrich hielt die genannten Zahlen für den Wohnungsbedarf außerhalb des Stadtkreises Köln für zu hoch. Er wies deutlich auf den Vorschlag Adenauers hin, daß im Rechtsrheinischen zwischen Ostheim, Rath und Flittard "innerhalb der Stadtgrenze" bei gelockerter Bauweise Zehntausende neuer Wohnungen gebaut werden könnten, auch auf dem Gebiet der ehemaligen Bürgermeisterei Worringen sei genügend Bauland vorhanden. Er gab zu bedenken, daß viele Flächen außerhalb Kölns aufgrund ihrer land- bzw. forstwirtschaftlichen Nutzung nicht bebaut werden könnten. Schon aus diesem Grunde sei eine Stadterweiterung wenig sinnvoll.

Olbrich griff hier auf das Porzer Gutachten von 1943 zurück und verwendete zahlreiche, nur unwesentlich veränderte Passagen daraus. Denkbar ist, daß der Verwaltungsfachmann Melchior Kurth, der höchstwahrscheinlich der Verfasser war, den Bürgermeister hierauf aufmerksam gemacht hatte. Kurth war trotz seiner Entlassung durch die Amerikaner weiterhin "beratend" für die Gemeindeverwaltung tätig.

Olbrich betonte, daß eine zentrale Verwaltung keine Vereinfachung darstelle: "Der Landbewohner müßte ... 10-15 klm zurücklegen", um die entsprechende Verwaltungsstelle zu erreichen. Sie liege zu weit von den Randgebieten entfernt, so daß die "infrage kommenden Beamten über notwendige Maßnahmen nicht so sehr unterrichtet sein können, wie dies bei der volksnahen Verwaltung einer Landgemeinde der Fall ist". Daher sei eine individuelle Betreuung in einer Großstadtverwaltung kaum möglich. Weiter zitierte Olbrich aus dem Memorandum seines Vorgängers: "Der Leiter einer Landgemeinde sowie die Beamten und Angestellten sind meist mit den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen jedes Gemeindeeingesessenen vertraut." Dadurch sei es möglich, "erschöpfende Beratung oder Hilfe zu gewähren".

Rechtlich gesehen war die Militärregierung allein zuständig. Olbrich vertrat aber die Auffassung, daß eine solche Maßnahme nicht "diktatorisch gegen den Willen der betroffenen Bevölkerung" durchgeführt werden dürfe, da dies "gegen alle Grundsätze einer demokratischen Politik verstoßen und an die Methoden der Nazi-Gewaltherrschaft erinnern" würde. Der Verfasser des Schriftsatzes versuchte sich hier betont demokratisch zu geben und forderte deshalb einen Volksentscheid.

Das hier zitierte Schriftstück wie auch die Porzer Stellungnahme aus dem Jahr 1943 sind typische "Produkte" der jeweiligen Epoche, die unter dem Gesichtspunkt, daß beide mit ziemlicher Sicherheit der spätere Porzer Stadtdirektor Melchior Kurth verfaßt hat, besonders interessant sind.

Beide Schriftsätze sind aus dem gleichen Interessenkonflikt zwischen Köln und Porz entstanden. Einige Sachargumente konnten völlig unabhängig vom herrschenden politischen System genannt werden, doch begründete der Verfasser diese im Sinne des politischen Systems und in dessen Sprache. Daß der Verfasser im Herbst 1945 sich noch weitgehend an den Sprachstil der NS-Zeit gehalten und aus dem Gutachten von 1943 ganze Passagen übernommen hat, ist nichts ungewöhnliches: Die Beamten hatten die zwölf Jahre lang geübte Sprachregelung einfach verinnerlicht. Aber es ist schon erstaunlich, wie schnell so manche, ursprünglich nationalsozialistisch ausgerichtete Argumentation, nun demokratisch begründet wurde.

Olbrichs Argumente sind zum großen Teil in die Denkschrift des Rheinisch-Bergischen Kreis eingeflossen. Denkbar ist auch, daß Fachinger Olbrichs Argumente kannte, da sein Gutachten erst im Oktober veröffentlicht wurde.

 

Die Stellungnahmen der Mitglieder des Porzer Beratungsausschusses

Die Ansichten der Ausschußmitglieder zur Eingemeindungsfrage waren teilweise sehr kontrovers, unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. Der Beigeordnete Hugo Klöter warnte davor, eine "kurzsichtige Kirchturms- und eigensüchtige Politik" zu betreiben. Er schlug eine Vereinigung von Köln und Porz zum 1. Januar 1950 vor. Doch auch Gegner der Eingemeindung, wie Franz Griesbach (CDU), Prokurist der Porzer Lebensmittelfirma Himmelreich, räumten ein, daß auf lange Sicht die Pläne "wohl in Ordnung seien", trotzdem sei eine eigene Kommunalpolitik für die Porzer "am vorteilhaftesten". Es gab also zu diesem Zeitpunkt noch kein "Bollwerk" gegen die Eingemeindungsbestrebungen der Stadt Köln.

Die Gegner einer Eingemeindung wiederholten im wesentlichen bereits bekannte Gründe. Um den Standpunkt zu bekräftigen, daß eine zentrale Verwaltung keine Erleichterung mit sich bringe, behauptete der der CDU angehörende Bezirksvertrauensmann der Kreisbauernschaft Josef Schunk, daß die im Krieg nach Porz evakuierten Kölner, die durch die Luftangriffe ihre Wohnungen verloren hatten und deswegen nicht zurückkehren konnten, die ortsnahe Verwaltung als besonders "wohltuend" empfinden würden. Auch diese Bevökerungsgruppe wünsche keine Eingemeindung, obwohl sie aus Köln stamme. Man solle diesen Kölnern die Möglichkeit geben, falls für sie im Stadtgebiet kein Wohnraum mehr geschaffen werden könne, "Bürger dieser Gemeinde" zu werden. Diese Formulierungen lassen erkennen, daß sich die Alteingesessenen von den in Porz wohnenden Kölnern, die faktisch bereits Bürger von Porz waren, abgrenzten.

Die Angst vor der Großstadt geisterte wie in den zwanziger Jahren in den Köpfen einiger Eingemeindungsgegner herum. Die Landbevölkerung werde bei einer Eingemeindung zu "armen Stadtbewohnern" herabsinken, lautete ein Gegenargument. Große landwirtschaftliche Nutzflächen gingen dann durch den Bau von Trabantenstädten verloren; der Berufsstand des Bauern sei hierdurch gefährdet.

Das SPD-Mitglied Ludwig Schneider, Installateur aus Wahn, erinnerte an die erste Amtszeit Adenauers. Der habe damals mit öffentlichen Mitteln eine "große Verschwendung getrieben" und die ehemalige Stadt Mülheim "finanziell ausgeplündert und wirtschaftlich vernachlässigt". Er befürchtete, daß es Porz und den Gemeinden des Landkreises Köln nach einer Eingemeindung möglicherweise genauso ergehen werde. Schneider sah die Kölner Eingemeindungspläne als Versuch Adenauers an, mit Hilfe von ernannten und nicht demokratisch gewählten Beratungsgremien die Alliierte Militärregierung zu überrumpeln. Seine Begründung für seinen Stadterweiterungsantrag sei "irreführend", beruhe auf falschen Voraussetzungen und ungesichertem Zahlenmaterial.

Der Bezirksbauernführer Josef Schunk vertrat die Auffassung, kleinere Gemeinden seien "viel krisenfester und bedeutend besser in der Lage, die Kräfte für den Wiederaufbau zusammenzufassen". Sie trügen damit zur Stabilisierung der politischen Lage bei. Die Selbständigkeit von Porz sei der "Stolz der Einwohner". Die Bevölkerung fühle sich, im Gegensatz zur Großstadt, "mitverantwortlich für die Geschicke der Gemeinde". Nach einer Eingemeindung werde Porz nur noch mit zwei oder drei Ratsmitgliedern in Köln vertreten sein und zu "einem bedeutungslosen Vorort herabsinken". Eine Eingemeindung werde allen demokratischen Grundsätzen widersprechen.

Auch wurde an der Auffassung festgehalten, daß Köln und Porz keine wirtschaftliche Einheit bildeten. Die Wirtschaft in Köln sei, so Franz Griesbach, durch den Krieg geschwächt, während sie in Porz "aufgrund der günstigen wirtschaftlichen Lage außerordentlich gut fundiert" sei. Aus diesem Grunde sei eine Eingemeindung für Porz unvorteilhaft.

Die Befürworter einer Eingemeindung hielten dem entgegen, daß aufgrund der Infrastruktur die Porzer Wirtschaft "zwangsläufig mit Köln aufs engste verbunden" sei. Eine solche Entwicklung dürfe man aus eigenen Interesse nicht hemmen, sondern müsse sie fördern. Köln sei, so das Vorstandsmitglied der Firma Dielektra, Hellmuth Reidemeister (CDU), durch die Verkehrslage "das natürliche Zentrum für Porz".

Gegner und Befürworter einer Eigemeindung waren sich in dem Punkte einig, daß die Zugehörigkeit zum Rheinisch-Bergischen Kreis für das finanzkräftige Porz nie von Nutzen gewesen war. Die Straßen-, Bahn- und Telefonverbindungen zwischen Porz und der Kreishauptstadt Bergisch Gladbach waren völlig unzureichend. Die schlechten Verbindungen von Porz ins Bergische Land wirkten sich in der aktuellen Notlage negativ auf die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln aus. Die Verlegung des Arbeitsamtes nach Bergisch Gladbach habe "für die Industrie nur Nachteile" gebracht.

Reidemeister deutete darauf hin, daß Porz über keine eigenen kulturellen Einrichtungen verfüge. Die Gemeinde gelte im kulturellen Bereich als "Porta Coloniae", da die Porzer schon immer zu Tanz- oder Theaterveranstaltungen nach Köln gefahren seien. Es sei von jeher "der Stolz seiner Einwohner" gewesen, die Kulturangebote der nahen Großstadt nutzen zu können. Da die Städte zu "Kulturträgern des Volkes" geworden seien, meinte Reidemeister, müßten die Städte möglichst rasch wieder aufgebaut werden, damit die Deutschen "wieder ein kulturtragendes und schöpferisches Volk" werden könnten. Folglich sei es notwendig, sofort eine einheitliche Planung für den Großraum Köln durchzuführen, die für alle Beteiligten von Vorteil sei.

Reidemeister schloß sich der Meinung Adenauers an, daß der Wiederaufbau Kölns von außen nach innen erfolgen müsse. Während die Altstadt enttrümmert werde, könne man brauchbares Material für den Bau von auswärts liegenden Siedlungen verwenden. So werde zwar der Aufbau des alten Köln hinausgeschoben, aber gleichzeitig neuer, umfangreicher Wohnraum geschaffen. Der Aufbau von Siedlungen im Umland werde sich günstig auf die ortsansässige Industrie auswirken. Die Kölner Stadtplanung entspreche dem "Idealbild" einer aufgelockerten Bebauung der Großstadt. Der einzige Grund, der gegen eine Eingemeindung spreche, sei die Vernichtung von Ackerland.

Die Gefahr, daß der "Asphaltproletarier" wieder erstehe, sah der Beigeordnete Klöter nicht. Das Gegenteil sei der Fall: Die Mentalität im Bergischen Land unterscheide sich durch die landwirtschaftliche Wesensart grundsätzlich von der Geisteshaltung in der industriell geprägten Rheinebene, in der Porz liege. Eine solche Entwicklung bedeute "für die Rheingemeinden heute oder morgen den Anschluß nach Köln". Der Beigeordnete zeigte sich davon überzeugt, daß dies von der Bevölkerung "weitgehendst begrüßt" werde. Eine solche Entscheidung müsse auf demokratischem Wege zustande kommen: Ein gewählter Gemeinderat oder das Volk selbst solle hierüber entscheiden.

Reidemeister regte die Einrichtung einer Distriktbürgermeisterei in Porz an, die die gleichen Aufgaben habe wie eine eigenständige Gemeinde. Sie könne die Belange der Porzer Bürger "in gleicher Weise" vertreten. Damit würden kaum Aufgaben an die Zentralverwaltung abgegeben. Die Gemeinde unterstehe dann dem Kölner Oberbürgermeister und nicht mehr dem Landrat des Rheinisch-Bergischen Kreises.

Am 10. September 1945 lehnte der Beratungsausschuß gegen die Stimme Reidemeisters die Eingemeindung nach Köln ab. Dieser bot an, falls die Militärregierung "trotz der Betonung demokratischer Grundsätze" eine Eingemeindung anordnen werde, mit Adenauer Kontakt aufzunehmen, damit die "berechtigten Belange von Porz irgendwie Berücksichtigung" fänden. Olbrich lehnte dieses Angebot ab, da es keine Kompromißlösung geben könne. Eine Distriktbürgermeisterei Porz innerhalb der Stadt Köln war für Olbrich völlig ausgeschlossen, denn sie bedeute die Preisgabe der selbständigen Gemeinde Porz, die dann nur noch ein Stadtteil von Köln sei.

 

Stellungnahme des Porzer Gemeinderates im Frühjahr 1946

Obwohl Adenauer im Oktober 1945 als Oberbürgermeister abgesetzt worden war und sein Nachfolger keine neuen Schritte für eine Eingemeindung des Umlandes unternahm, gingen im Rheinisch-Bergischen Kreis und in Porz die Erörterungen über eine Abwehr Kölner "Eingemeidungsgelüste" weiter.

Die britische Militärregierung ernannte Anfang 1946 einen Gemeinderat für Porz. Damit wurde der aus Berufsgruppen bestehende Beratungsausschuß abgelöst und durch ein Gremium ersetzt, das sich nach einem von den Engländern ermittelten Proporz von Angehörigen bestimmter Parteien zusammensetzte. Dem Gemeinderat gehörten 15 Mitglieder der CDU, neun der SPD und sechs der KPD an.

Bereits auf der ersten Sitzung am 29. Januar 1946 wurde eine mögliche Eingemeindung nach Köln angesprochen. Bürgermeister Olbrich erinnerte an die Erörterungen im Beratungsausschuß und behauptete: "Damals lehnten alle die Eingemeindung ab".

Er wiederholte noch einmal die bekannten Argumente: Er befürchtete, daß das Eigenleben in der Gemeinde aufhöre, wenn Porz zu einem Stadtteil von Köln werde. Die Verwaltung würde nach Köln ausgelagert, "vielleicht würde nur eine Bezirksstelle für Lebensmittelkarten und das Standesamt hierbleiben". Die Steuereinnahmen innerhalb von Porz würden der Stadt Köln zugute kommen. Er faßte seine Ausführung mit den Worten zusammen: "Alle Vorteile liegen bei Köln und sehr viele Nachteile bei den Gemeinden". Eine Debatte fand auf dieser Sitzung nicht statt.

Knapp zwei Monate später, am 20. März 1946, stand die Eingemeindungsfrage erneut auf der Tagesordnung. Auch in dieser Sitzung gab es weder eine Debatte noch eine Beschlußfassung. Die einzelnen Fraktionen gaben lediglich schriftliche Erklärungen zu Protokoll, da Landrat Heuser Wert auf ein Meinungsbild legte. Hintergrund könnte die bevorstehende Veröffentlichung der "Denkschrift zum neuen Eingemeindungsplan der Stadt Köln" durch den Rheinisch-Bergischen Kreis gewesen sein.

CDU und SPD fühlten sich nicht befugt, eine Entscheidung zu treffen, da noch keine Gemeinderatswahlen stattgefunden hatten. Trotzdem gaben die Christdemokraten eine deutliche Stellungnahme gegen eine Eingemeindung ab, bei der bereits bekannte Standpunkte wiederholt wurden. Die CDU-Fraktion wies darauf hin, daß es "noch für eine lange Reihe von Jahren" genügend Bauland auf dem Gebiet der Stadt Köln gebe. Obwohl sich die CDU-Fraktion nicht befugt fühlte, eine Entscheidung zu treffen, war sie der Auffassung, für die Allgemeinheit zu sprechen: "Die Großgemeinde Porz wird unter Wahrung der Selbständigkeit bereit sein, ihre Bebauungspläne mit denen der Stadt Köln in Übereinstimmung zubringen". Es blieb offen, ob die CDU dabei an die Bildung eines Zweckverbandes dachte. Die Christdemokraten mahnten den Kreis an, sich um "die Belange der Großgemeinde mit mehr Eifer" zu kümmern, da Porz ein wichtiger Lastenträger im Kreis sei. Dieser Einwand war bereits aus der Weimarer Zeit und dem "Dritten Reich" bekannt. Klöter und Reidemeister, die früher eine Eingemeindung unterstützt hatten, äußerten sich in dieser Sitzung nicht dazu. Klöter wurde, trotz seiner ursprünglichen kölnfreundlichen Haltung, im gleichen Jahr zum Bürgermeister der Gemeinde Porz gewählt und behielt das Amt bis 1948.

Die Sozialdemokraten hielten die Eingemeindungsfrage für so wichtig, daß sie eine Volksbefragung forderten. Eine Entscheidung sollte jedoch bis zu den kommenden Gemeinderatswahlen zurückgestellt werden. Da die SPD noch Beratungsbedarf sah, forderte sie die Einsetzung eines besonderen Ausschusses. Eine eindeutige Stellungnahme für oder gegen eine Eingemeindung gaben die Sozialdemokraten nicht ab.

Die Fraktion der Kommunistischen Partei Deutschlands lehnte eine Eingemeindung grundsätzlich ab, da sie in diesem Vorhaben "keine wirtschaftlichen und politischen Vorteile" sah. Die KPD vertrat den ideologisch begründeten Standpunkt, daß eine Eingemeindung lediglich im Interesse "gewisser ... bestimmender Schichten, die sich einigermaßen an den gesunden Verhältnissen der Gemeinde Porz schadlos halten wollen", liege. Die KPD nahm ebenfalls das oft angeführte Argument der Entfernung von Porz zur zentralen Verwaltung auf. Anstatt einer Eingemeindung forderten die Kommunisten aus "moralischen und sozialen Gründen" dazu auf, die notleidende Kölner Bevölkerung zu unterstützen.

Bürgermeister Olbrich wollte seinen Standpunkt durchsetzen. In den Besprechung mit dem Gremien des Kreises führte er nur die Ideen an, die seiner Meinung entsprachen. So schrieb er am 12. September 1945 an den "Bezirksbauernführer" Schunk, daß er dessen Stellungnahme für "so wertvoll" erachtet habe, daß er sie bei der Bürgermeisterbesprechung mit dem Landrat am 11. September 1945 vorgelegt habe. Sie habe dort einen "recht guten Anklang gefunden". Olbrich konnte seine Vorstellungen in die Stellungnahmen des Rheinisch-Bergischen Kreises einbringen. So wurde in der Öffentlichkeit das Bild des Rheinisch-Bergischen Kreises als "Bollwerk" gegen die eingemeindungshungrige Großstadt Köln verbreitet.

 

Verhandlungen zwischen Landrat Heuser und Oberbürgermeister Pünder

Am 16. März 1946 erörterte der Kölner Oberbürgermeister Hermann Pünder mit den Vertretern des Rheinisch-Bergischen Kreises, Landrat Heuser und Rechtsanwalt Claren, die Eingemeindungspläne. Heuser und Claren wollten bei diesem Termin nur formale Fragen des Verfahren geklärt wissen, nämlich die Gründe, warum die Stadt Köln im Sommer 1945 nicht mit den betroffenen Landkreise "irgendwie Fühlung" aufgenommen habe. Man sei erst durch die Briten am 25. August 1945 in Auszügen über die Planungen unterrichtet worden. Den vollständigen Text habe man erst durch die Veröffentlichung des Landkreises Köln erhalten. Auch danach habe die Stadt Köln es versäumt, Kontakt mit dem Landrat aufzunehmen. Der Plan, "der auf eine diktatorische Entscheidung der Militärregierung gerichtet" sei, werde offenbar seitens der Stadtverwaltung weiterhin aufrechterhalten, denn Köln habe den Kreisen bislang keine andere Entscheidung mitgeteilt. Claren vertrat die Auffassung, daß über einen Eingemeindungsantrag erst nach Wahlen entschieden werden sollte. Er hielt das Vorhaben Kölns zu diesem Zeitpunkt "vom demokratischen Standpunkt für derart abwegig", daß man öffentlich hierzu Stellung beziehen müsse.

Oberbürgermeister Pünder wies die Vertreter des Kreises in ihre Schranken. Zwar habe er von der Verfahrensweise seines Vorgängers Abstand genommen, und außerdem gebe es in der Stadt dringlichere Aufgaben zu bewältigen als eine Eingemeindung, doch hielte er grundsätzlich am Eingemeindungsplan fest, wenngleich er ihn derzeit nicht weiterverfolge. Da er darüber mit der Militärregierung gesprochen und die Auffassung vertreten habe, daß die künftig gewählten Selbstverwaltungsorgane der Kreise und der Provinzial-Landtag über mögliche Gebietsveränderungen angehört werden und darüber entscheiden sollten, sehe er keinen Anlaß, dieses selbst den Kreisen mitzuteilen; das sei Sache der Militärregierung. Er bat darum, von einer Debatte im Kreistag und in der Öffentlichkeit Abstand zu nehmen, was Landrat Heuser als unmöglich ablehnte, da der Kreis von der Militärregierung zu einer Stellungnahme aufgefordert worden sei. Daher werde der Kreis nicht darauf verzichten, eine Denkschrift, wie zuvor der Landkreis Köln, zu veröffentlichen. Man werde aber hierin von Polemik Abstand nehmen.

Clarens Formulierung von den "diktatorischen Maßnahmen" der Militärregierung war gar nicht so unangebracht, wie es auf den ersten Blick erscheint. Man erinnere sich: Im Mai 1945 hatte Adenauer den Entwurf einer Militärregierungs-Verordnung zur Eingemeindung schreiben lassen. Hätte ein hochrangiger Offizier diese damals unterschrieben, wären die betroffenen Gemeinden eingemeindet worden, ob sie es wollten oder nicht. Mittlerweile hatte sich die Situation aber geändert. Zwar hatte nach wie vor die Militärregierung das alleinige Recht, Gebietsveränderungen durchzuführen, aber im Herbst 1945 hatten die Engländer die Landkreise um eine Stellungnahme gebeten.

Pünder war also in der Eingemeindungsfrage grundsätzlich derselben Ansicht wie Adenauer, äußerte sich aber wesentlich vorsichtiger. Eine mögliche Erklärung hierfür ist, daß er die Absetzung Adenauers vor Augen hatte. Die Briten hatten Pünders Vorgänger angelastet, daß er sich nicht genügend um den Wiederaufbau der Stadt kümmere. Die Eingemeindungspläne seien, ihrer Meinung nach, keinesfalls ein Beitrag hierzu.

 

DIE DENKSCHRIFT DES RHEINISCH-BERGISCHEN KREISES

Als "Beitrag zur Heimatkunde" veröffentlichte der Rheinisch-Bergische Kreis im März 1946 die "Denkschrift zum neuen Eingemeindungsplan der Stadt Köln", dem eine Karte beilag. Darin war auch seine bislang unveröffentlichte Stellungnahme an die Militärregierung vom 13. November 1945 enthalten. Landrat Heuser sandte Oberbürgermeister Pünder am 27. April 1946 die Denkschrift mit der Bemerkung zu, daß auch Pünder sich diesen Ausführungen nicht verschließen könne.

Das Gutachten Fachingers und auch die Stellungnahme Olbrichs dienten offenbar als Leitlinien. Viele dem Leser dieses Beitrags bereits bekannte Argumente wurden der Öffentlichkeit in zusammengefaßter Form vorgestellt. So wurde z. B. die Auffassung bekräftigt, daß eine wesentliche Bedingung für eine Stadterweiterung nicht erfüllt sei, da das Bergische Land mit der Rheinebene "keine wirtschaftliche Einheit" bilde. Auch die bekannten Gründe, die gegen eine zentrale Verwaltung sprachen, wurden angeführt: lange Anfahrtswege, schlechte Betreuung und hohe Kosten. "Hier ist nur eine völlig dezentrale Verwaltung am Platze, wie sie sich in den derzeitigen selbständigen Gemeindeverwaltungen verkörpert", lautete die Stellungnahme des Kreises.

Die "überspannte Expansionspolitik" der Stadt Köln habe besonders in der Zeit zwischen 1920 und 1932 zu einer "Angstpsychose" unter den umliegenden Gemeinden geführt. Der einst bedeutende Landkreises Mülheim sei immer mehr verkümmert, und deshalb sei 1932 der Rheinisch-Bergische Kreis als "Bollwerk gegen die Expansionsbestrebungen der Stadt Köln" gegründet worden. Dieser Kreis sei nun nach "Abschluß des nationalsozialistischen Interregnums" in seinem Bestand bedroht, denn die Stadt Köln wolle die wirtschaftlich gesunden Gemeinden aus dem Kreis herauslösen. So würden dem Rheinisch-Bergischen Kreis 72,5% der Einwohner und 49,6% der Fläche an die Stadt Köln verloren gehen. Der Restkreis wäre dann nicht mehr lebensfähig, da die ländlichen Gebiete im Oberbergischen schwach strukturiert seien und ein geringeres Steueraufkommen hätten als die an Köln grenzenden Gemeinden.

Wie erinnerlich, hatte sich Adenauer in seinem Eingemeindungsantrag an den von Schumacher aufgezeigten rechtsrheinischen Entwicklungszonen orientiert: "Das Bauvorhaben ist begrenzt ... im Osten durch das Bergische Land". Folgende Orte wurden darin für den Siedlungsbau genannt: Ostheim, Rath/Heumar, Brück, Lustheide, Bensberg, Dellbrück, Bergisch Gladbach und Dünnwald. Die Denkschrift des Rheinisch-Bergischen Kreises zeigte in diesem Zusammenhang mehrere Widersprüche auf. Außer Bensberg, Lustheide und Bergisch Gladbach gehörten alle Orte bereits zum Stadtgebiet Kölns. Da die Stadt die Bebauung innerhalb einer Linie Dünnwald - Rath - Wahn plante, waren Bensberg, Lustheide und Bergisch Gladbach somit gar nicht dafür vorgesehen. Die Gebiete außerhalb der genannten Linie gehörten zudem nicht zum Kölner Wirtschaftsgebiet und wären bei einer Eingemeindung aus dem Bergischen Wirtschaftsbereich herausgelöst worden. Nur die Gemeinde Porz, die (außer dem Ortsteil Heumar) gar nicht in diese Bauplanung einbezogen war, lag innerhalb der Linie. Das Gebiet, das eingemeindet werden sollte, deckte sich demnach nicht mit dem, das für eine Bebauung vorgesehen war. Die Begründung Kölns für die Eingemeindung war in diesem Punkt also wenig stichhaltig.

Die Denkschrift hielt Kölns These von der "Stadtentwicklung in konzentrischen Linien" entgegen, daß bei genauer Betrachtung die Stadterweiterungspläne dieser Idee in keiner Weise entsprachen. Es ergebe sich auf der rechten Rheinseite kein Radius, da Leverkusen nicht einbezogen werde. Somit bestehe ein Widerspruch zwischen der Planung und der Begründung für eine Eingemeindung im Rechtsrheinischen.

Sodann hatte die Stadt Köln behauptet, daß sie einen schnellen Anstieg der Einwohnerzahl erwarte und damit einen erhöhten Wohnungsbedarf habe. Der Rheinisch-Bergische Kreis hielt allerdings den von Köln genannten Bedarf von 80 000 Wohnungen außerhalb des Stadtkerns für viel zu hoch veranschlagt. Die Stadt habe in der Kalkulation nicht die Zahl der vielen Kriegsopfer und der ins Umland Evakuierten abgezogen. Viele Flüchtlinge aus Köln hätten im Rheinisch-Bergischen Kreis einen neuen festen Wohnsitz gefunden. Somit habe man bereits einen Beitrag zur Beseitigung der Wohnungsnot geleistet.

In der Denkschrift des Kreises wurde der Stadt Köln der Vorschlag unterbreitetet, zunächst die Baulücken im Stadtgebiet zu schließen. Eine Infrastruktur sei dort bereits vorhanden. Für den Neubau von Siedlungen hielt der Rheinisch-Bergische Kreis das Gebiet bei Worringen, nicht nur aufgrund des vorhandenen Baulandes, für bestens geeignet. Das Areal liege auf der selben Rheinseite wie die Innenstadt und die dortigen Arbeitsplätze. Pendler müßten daher nicht auf der einspurigen Behelfsbrücke und den Fähren den Fluß überqueren.

Der Kreis befürchtete, daß durch den Bau neuer Siedlungen wertvoller Ackerboden verloren gehe. Allein in Porz betrage der Ackerboden 30,5% der Wirtschaftsfläche. Der Versicherung der Stadt Köln, daß der Ackerboden erhalten bleibe, könne "keine Bedeutung" beigemessen werden. Die Erfahrungen früherer Eingemeindungen hätten gezeigt, daß "die Verkümmerung der Ackernahrung die unaufhaltsame Folge" sei. Der "Verlust echter Bodenständigkeit" sei die Folge. Die bergische Landbevölkerung sei trotz des Einflusses der Großstadt im heimischen Boden verwurzelt. Die Mentalität unterscheide sich grundlegend von denen der Arbeiter am Rhein oder der Bergleute an der Erft. Man sei aufgrund seiner Traditionen eine "gegen fremde Einflüsse betont ablehnende Gemeinschaft". Der Stadt Köln müsse klar sein, daß "die Einbeziehung eines solchen Fremdkörpers in die Stadtgemeinschaft keinen leichten Verschmelzungsprozeß erwarten" lasse. Wenn die Pläne der Stadt Köln umgesetzt würden, wäre die "Verwässerung in dem Bevölkerungsgemisch der Riesenstadt" die Folge. Das Recht auf Selbstverwaltung sei aber "ein Kernstück der Demokratie". Gerade durch die Verbundenheit zur Heimat sei der Landkreis dazu geeignet, nach der Nationalsozialistischen Diktatur die "staatsbürgerliche Betätigung zu neuem Leben" zu erwecken. Die Bergische Bevölkerung werde nur unter Zwang ihre Selbständigkeit aufgeben.

Die Denkschrift schloß mit der Mahnung an die Stadt Köln: "Wird die Stadt Köln bei der weiteren Verfolgung ihres Planes mit offenen Karten spielen und sich mit den betroffenen Landkreisen in entsprechender Form ins Benehmen setzen, soll es an der Bereitschaft des Rheinisch-Bergischen Kreises zu loyaler Zusammenarbeit zur Klärung des Problems nicht fehlen."

Obwohl Landrat Heuser dem Kölner Oberbürgermeister seinerzeit zugesagt hatte, Polemik zu vermeiden, erweist sich die Denkschrift in mancher Hinsicht als demagogisch, und das bei gleichzeitiger Betonung einer demokratischen Gesinnung.

Man muß hierbei berücksichtigen, daß es sich um eine politische Streitschrift handelt und nicht um ein juristisches Gutachten oder eine wissenschaftliche Analyse. Der Landrat, die Mehrheit des Kreistages und der Gemeinderäte wollten mit dieser Denkschrift ihre politischen Auffassungen einer breiten Öffentlichkeit bekanntgeben und schließlich auch durchsetzen. Bewußt sollte der Eindruck vermittelt werden, daß die Denkschrift für die gesamte Bevölkerung spreche; es heißt darin, daß die Ablehnung der Eingemeindung "einmütig" sei. Argumente von Minderheiten, wie sie z. B. Hugo Klöter oder Helmut Reidemeister in Porz für eine Eingemeidung vorgebracht hatten, konnten in einer solchen Denkschrift natürlich nicht erwähnt werden.

Typisch für eine politische Denkschrift ist z. B., daß die Verfasser die Stadt Köln als einen "Feind" ansahen, der nach dem Territorium des Landkreises trachte; ähnlich hatte Landrat Eberhard nach dem Ersten Weltkrieg sich geäußert. Interessant ist auch, daß noch 1946 "völkisch" geprägte Wörter wie "Bodenständigkeit" und "Bevölkerungsgemisch" verwendet wurden. Ob eine derartige Wortwahl, mit der der städtische Nachbar angegriffen werden sollte, politisch geschickt war, sei dahingestellt. Denn im Kreisgebiet lebten schon zum damaligen Zeitpunkt sehr viele Heimatvertriebene - und der Zustrom sollte in den nächsten Jahren noch größer werden -, die sich in Sitten und Gebräuchen erheblich von der Bevölkerung im Kreisgebiet unterschieden. Die Bergische Bevölkerung wird in der Denkschrift wie ein monolithischer Block dargestellt, was keineswegs den Tatsachen entsprach. Aber dieses Schlagwort sollte eine Langzeitwirkung haben, denn die politische Führung der Stadt Porz hielt bis kurz vor der Eingemeindung nach Köln im Jahre 1975 daran fest.

 

DIE PLÄNE DER KÖLNER STADTVERWALTUNG NACH ADENAUERS ABSETZUNG

Adenauers Nachfolger Hermann Pünder hatte, wie bereits erwähnt, im März 1946 versichert, die Eingemeindungspläne "vorerst nicht weiter zu verfolgen". Gleichwohl wurde weiterhin an den Plänen zur Stadterweiterung gearbeitet. Im Juni 1946 legte die Planungskommission der Wiederaufbaugesellschaft ihre Vorstellungen über ein vergrößertes Köln vor. Darin hieß es, daß die Umgebung Kölns längst zu einer "größeren Siedlungseinheit zusammengewachsen" sei, die linksrheinisch das gesamte Braunkohlerevier umfasse, dazu den Hafen Wesseling und Dormagen; auf der rechten Rheinseite gehörten Porz, Bensberg, Bergisch Gladbach, Leverkusen und Opladen dazu. Diese Ansicht deckte sich mit den Plänen des Kölner Beigeordneten Best aus den zwanziger Jahren sowie Adenauers Idee aus dem Jahre 1945. Die Planungskommission plädierte dafür, dieses Gebiet, unabhängig von der Frage einer eventuellen Eingemeindung, als Einheit anzusehen. Ferner sollten die Planungen mit dem Großraum Bonn abgestimmt werden, da beide Räume in Zukunft immer mehr zusammenwachsen würden.

1946 wandte sich der ehemalige Kölner Stadtkämmerer und spätere Verwaltungsrechtsrat Kiwit an Oberbürgermeister Pünder. Er sandte ihm eine vollständige Abschrift seiner Denkschrift aus dem Jahre 1939 über die notwendigen Eingemeindung zu. Da der Text unverkennbar aus der NS-Zeit stammte, betonte Kiwit in seinem Schreiben, daß er kein Nazionalsozialist gewesen und sogar zweimal aus politischen Gründen aus dem Amte entlassen worden sei: 1933 als Oberbürgermeister von Wanne-Eickel und 1936 als Kölner Stadtkämmerer. Kiwit merkte an, daß die wehrpolitische Begründung für die Eingemeindung von Porz mittlerweile überholt sei. Dagegen sei aber die schon damals geäußerte Auffassung, daß die Stadt Köln neuen wirtschaftliche Schwung brauche, um so aktueller. Inwieweit Kiwits Vorstellungen in die Diskussion eingeflossen sind, geht aus den verwendeten Akten nicht hervor.

Im November 1946 sandte der nun zum Oberstadtdirektor ernannte Willi Suth ein Rundschreiben an die Verwaltung mit dem Ziel, die Stadterweiterungspläne auf einen aktuellen Stand zu bringen. Als Grund nannte Suth, daß die Denkschrift Adenauers aus dem Jahre 1945 mittlerweile in den Zahlen, teilweise aber auch in den Ideen, "überholt" sei. Offensichtlich lag Suth viel daran, die Pläne, die er 1945 mit Captain Schweizer erörtert hatte, weiter zu verfolgen. Seine Vorstellungen über die Durchführung einer möglichen Stadterweiterung widersprechen sich teilweise und lassen manche Frage offen. Er forderte Stellungnahmen aller interessierten Dienststellen bis zum 5. Dezember 1946 an. Die betroffenen Landkreise wurden nicht um eine Stellungnahme gebeten. Suth wünschte eine "neutrale", nur vom jeweiligen Ressortstandpunkt aus erstellte Bewertung. Er gab jedoch den Ämtern einige Thesen vor, die nur noch mit Zahlen untermauert werden sollten. Suth stellte klar, daß er eine Eingemeindung des Landkreises Köln und Teilen des Rheinisch-Bergischen Kreises (ohne konkrete Orte zu nennen) für notwendig hielt. Die Frage, ob eine Stadterweiterung überhaupt sinnvoll sei, wurde unausgesprochen als Konsens vorausgesetzt. Die Fachämter sollten darlegen, wie sie in einem größeren Köln wirkungsvoller arbeiten könnten und welche Verwaltungsmaßnahmen sie für notwendig erachteten, um eine einheitliche Planung durchzuführen. Suth nannte als Beispiel die Aufstellung eines Generalbebauungsplanes, der die Voraussetzung für den Bau von Trabantenstädten bilde. Eine neutrale Bewertung war durch die Vorgaben Suths von vornherein unmöglich.

Suth wies auf die vielfältigen Verflechtungen zwischen der Stadt und den betroffenen Landkreisen hin: "Maßgebend" sei "hierbei die Orientierung nach dem Wirtschaftszentrum Köln". Der Oberstadtdirektor versuchte, die möglichen Einwände der betroffenen Landkreise gegen eine zentrale Verwaltung zu entkräften. Nur falls eine Stadtverwaltung "totalitär-autokratisch" sei, könne man davon ausgehen, daß die Persönlichkeit der einzelnen Bürger nicht genügend beachtet werde. Durch die Mitwirkung der Bevölkerung könne aber das Abgleiten "in öden bürokratischen Zwang" verhindert werden. Deshalb sollten die Umlandgemeinden so in das Stadtgebiet einbezogen werden, daß "die örtliche Verbundenheit der Einwohner" mit ihren Ortschaften gewahrt bleibe. Genaueres führte Suth hierzu nicht aus.

Er betonte, daß für eine Stadterweiterung nur das "übergeordnete Interesse der Volksgemeinschaft" zähle. Es gehe nicht um die Partikularinteressen einzelner Bevölkerungsgruppen oder um ein "ungesundes Ausdehnungsbedürfnis" der Großstadt.

Es müsse darauf geachtet werden, daß kein Stadtstaat entstehe, der "allem und jedem seinen Stempel" aufdrückte und so die Eigenarten der kleineren historisch gewachsene Gemeinden verwische. Es gehe vielmehr darum, nach den Zerstörungen des Krieges ein "neues Köln" zu schaffen, das von "lebensfähigen Siedlungskernen" umgeben sei. Letztlich sei eine solche Planung "nichts anderes als Gestalten eines Kosmos aus dem Chaos".

Suths Denkschrift enthielt wenig Neues. Er faßte lediglich die aus den zwanziger Jahren stammenden Ideen des Stadtplaners Fritz Schumachers und Adenauers Nachkriegsvorstellungen in eigenen Worten zusammen und griff dabei die Gegenargumente der Landkreis auf. Möglicherweise kannte Suth den Runderlaß Fricks oder die Porzer Stellungnahmen aus dem Zweiten Weltkrieg.

In den für diese Arbeit benutzten Aktenbeständen liegen weder Antwortschreiben der Fachämter vor noch sind Reaktionen der betroffenen Landkreise oder der britischen Besatzungsmacht zu finden. Offenbar wurden Suths Pläne zunächst nicht weiterverfolgt.

Am 11. März 1947 fand ein Vortrag eines Dr. Scheppke über Eingemeindungsfragen statt, zu dem u.a. Pünder, Suth, Adenauer, Schweyer und Schwarz eingeladen wurden. Über den Inhalt ist weiter nichts bekannt.

Am 13. Mai 1948 berichtete der mittlerweile zum Oberdirektor der Bizone aufgestiegene Hermann Pünder seinem Nachfolger Ernst Schwering (CDU) von einem Treffen mit Captain Albert Schweizer, der mittlerweile bei der amerikanischen Militärregierung in Frankfurt arbeitete. Er legte dem Schreiben die Pläne Schweizers aus dem Jahre 1945 bei, die Schwering an den Generalplaner Rudolf Schwarz weiterleitete mit der Bitte um Stellungnahme. Einige Woche später antwortete Schwering, daß die Ideen auf Gesprächen beruht, die Suth und Schweizer im April und Mai 1945 geführt hatten. Oberstadtdirektor Suth hingegen hielt es für "überflüssig", Pünder zu antworten, da die Pläne hinlänglich bekannt seien. Zwischen den beiden Vertretern der Kölner Doppelspitze hatte es offenbar Konflikte in der Eingemeindungsfrage gegeben, da sich Suth bereits 1946 über Pünders Versicherung an den Rheinisch-Bergischen Kreis hinweggesetzt hatte, die Eingemeindungspläne nicht mehr weiter zu verfolgen. Suth hatte neben Adenauer maßgeblichen Anteil an der Erarbeitung der Eingemeindungspläne.

 

DIE PLANUNGEN VON RUDOLF SCHWARZ FÜR EIN NEUES KÖLN

1946 war Rudolf Schwarz zum Generalplaner der Stadt Köln ernannt worden. Von ihm gingen maßgebliche Konzepte für die Stadtplanung der Nachkriegszeit aus. 1948 stellte er für die "Wiederaufbaugesellschaft" Grundzüge dieser Projekte in der Denkschrift "Notwendigkeit einer großräumlichen Ordnung in der Kölner Bucht" vor, die in die 1950 vorgelegte Planung "Das neue Köln" einflossen. Er meinte etwas scherzhaft, daß diese Pläne für die Zukunft Kölns eine größere Bedeutung hätten, "als ... aus der schlichten Form des Schriftsatzes zu erkennen" sei.

Schwarz vertrat die Ansicht, daß eine weitere Ausdehnung der Stadt unvermeidbar sei. Dabei überspringe die Stadtentwicklung den Grüngürtel und werde sich unabhängig von bestehenden kommunalen Grenzen insbesondere in Richtung Westen (Landkreis Köln) und Süden (Richtung Porz bzw. Rodenkirchen / Wesseling) ausdehnen. Die Kölner Bucht sei zu einem "Raum gemeinsamen Lebens" geworden. Deshalb müsse eine einheitliche Planung für den gesamten Kölner Raum erstellt werden. Schumachers Konzept aus den zwanziger Jahren sei auch für die Nachkriegszeit "außerordentlich anregend". Lediglich Schumachers Prognose, daß Köln eine Einwohnerzahl von 2,1 Millionen erreichen werde, hielt Schwarz für übertrieben, doch eine Zahl von 800 000 bis 900 000 Einwohnern sei als realistisch anzusehen. Schwarz teilte Schumachers Ansicht, daß Pläne für den Großraum unabhängig der Stadtgrenzen erstellt werden müßten. Dadurch würden "zwei nebeneinander laufende Fehlplanungen", die "durch den sinnlosen Verlauf der Kölnischen Grenze" entstünden, vermieden. Als Beispiel hierfür nannte Schwarz, wie bereits Best und Schumacher in den zwanziger Jahren, den Verlauf der Grenze quer durch die beiden Bayerwerke bei Dormagen und Leverkusen. Die Grenzziehung zwischen Rath und Heumar findet auch bei Schwarz keine Erwähnung.

Planungen für die Kölner Außenbezirke

Schwarz vertrat die Ansicht, daß Köln aufgrund des expansiven Wachstum auf seinerzeit 250 kmē keine Stadt mehr im alten Sinne sei, sondern ein "weitläufiger Städtebund". Einige Kölner Vororte hätten eine eigene Infrastruktur entwickelt, so z.B. Ehrenfeld, Kalk und Nippes, "ähnlich Mülheim, dann das uns interessierende Leverkusen im Norden, Porz im Süden - alles das sind Städte, ... die aus eigenem Leben geformt werden müssen". Schwarz betonte, daß diese Eigendynamik der Nebenzentren in der Stadtplanung berücksichtigt werden müsse. Er legte zwei Konzepte vor, die graphisch dargestellt wurden, und sich nur auf das damalige Gebiet der Stadt Köln und das der Gemeinde Porz bezogen. Alle anderen genannten Orte außerhalb der Grenzen der Domstadt wurden nicht berücksichtigt. Dies läßt auf die Wichtigkeit der Einbeziehung von Porz in die Kölner Stadtplanung schließen. Porz sei "der geeignete Standort für eine Veredelungsindustrie". Grund dafür seien die günstige Anbindung an den Rhein und die "Klugheit, [der] Kinderreichtum und die handwerkliche Überlieferung der bergischen Bevölkerung".

 

Der Vorschlag zu einer neuen politischen Ordnung: "Durchgemeindung" statt Eingemeindung

Schwarz hatte eine außergewöhnliche Idee zur Lösung der Eingemeindungsproblematik. Eingemeindungen seien in der Vergangenheit als Voraussetzung für eine einheitliche Stadtplanung "regelmäßig zu spät" gekommen. Die hinzugekommenen Ortschaften hätten sich dann bereits zu "formlosen Ballungen einer formlosen Bevölkerung ausgewuchert", da sie nicht frühzeitig in die Gesamtplanung einbezogen worden seien. Die bestehenden Stadtgrenzen seien eine "willkürliche und schädliche Trennung", da sie natürliche Lebensräume zerschnitten.

Schwarz kannte offenbar die Einwände der betroffenen Kreise und erarbeitete wie Suth mögliche Alternativen. Es ging ihm nicht um eine bloße Ausweitung der bereits viel zu großen Stadt. Die umliegenden Gemeinden sollten aber mit der Stadt zu einer Einheit verwachsen, um so den Großraum Köln "demokratisch neu zu ordnen". Allerdings warnte Schwarz davor, nun eine rücksichtslose Eingemeindungspolitik zu betreiben, da die Zeit der großen Eingemeindungen vorüber sei. Jede Stadterweiterung alten Stils zerstöre mehr als sie gut mache. Die bisher zu Köln hinzugekommenen Kommunen hätten ihre Eigenart verloren und seien "unter Führung ferner Instanzen" geraten. Auch er warnte vor den Gefahren einer zentralistischen Verwaltung in einer unüberschaubar großen Stadt, der - wie man heute sagen würde - die Bürgernähe fehle.

Schwarz strebte eine organischere Form an, bei der die Bürger die Möglichkeit der Mitgestaltung haben sollten. Aus der "formlosen Massenstadt des vorigen Jahrhunderts [sollte] ein föderalistisch gestuftes wohlgeordnetes Gemeinwesen" gemacht werden. Schwarz stellte ein Modell der "Stadtlandschaft" vor, das auch "kölnischer Städtebund" genannt wurde. Ihm schwebte vor, daß die Stadt ein "förderalistisches Gebilde" werden solle, das aus großen und kleinen Gemeinwesen mit etwa je 8 000 Einwohnern bestehe. Schwarz sprach hier von der "Durchgemeindung des Lebensraumes einer Bevölkerung"; die "Eigenständigkeit in gestufter Ordnung" sei die Grundlage der Demokratie. Die Entwicklung der inneren Struktur der kleinen, einzelnen Stadtquartiere sollte dabei Vorrang vor der Planung der Verkehrsachsen haben. Die Kölner Innenstadt sei als sogenannte "Hochstadt" die gemeinsame Mitte der kleineren Gemeinwesen.

Neben der Idee der Durchgemeindung entwickelte Schwarz auch andere Vorstellungen zur politischen Neuordnung im Großraum Köln. Er unterbreitete dem Kölner Bürgermeister Robert Görlinger den Vorschlag über eine mögliche Personalunion der beiden Ämter des Regierungspräsidenten und des Oberbürgermeisters der Bezirkshauptstadt. Viele Aufgaben seien über die "Reichweite der Kommune hinausgewachsen". Dieser politische Zusammenschluß sollte den Namen "Stadtlandschaft" tragen und auch eine gewählte Volksvertretung haben. Die bisher bestehenden Landkreise würden somit überflüssig werden. Deren Aufgaben könnten von "Ämtern" (d.h. Gemeindeverbänden oder Samtgemeinden) übernommen werden. Ähnliche Vorstellungen hatte fast zwanzig Jahre vorher auch das Porzer Gemeinderatsmitglied Christian Herkenrath anläßlich der Vereinigung von Heumar und Wahn geäußert. Die Forderung nach Abschaffung der Landkreise wurde auch 1937 durch den Porzer Bürgermeister Oedekoven aufgestellt. Diese Ideen zu einer politischen Neuordnung stellte Schwarz in der ersten Fassung seiner Denkschrift vom 4. März 1948 vor.

Die Ideen von Rudolf Schwarz zur Stadtplanung wurden vor allem in der Innenstadt verwirklicht, aber seine Vorschläge zur politischen Neuordnung nicht weiter erörtert. Eine "Durchgemeindung", wie Schwarz sie präsentierte, wäre auch wenig praktikabel gewesen. Sie hätte den gegenteiligen Effekt einer Eingemeindung gehabt. Der Großraum Köln wäre in rund 100 Kleingemeinden mit je 8 000 Einwohnern aufgesplittert worden, doch viele Stadtteile Kölns hatten aber schon damals eine weitaus größere Einwohnerzahl. Historisch gewachsene Ortschaften wären somit zerschnitten worden. Ein Problem wie in Rath/Heumar hätte es dann in fast allen Stadtteilen Kölns gegeben.

Schaut man sich in der Denkschrift die Graphik des "Kölnischen Städtebundes" genauer an, zeichnete Schwarz in etwa die Grenzen der 1975 entstandenen Stadtbezirke ein. Jedoch geht Schwarz im Text nicht auf eine mögliche Einteilung in Stadtbezirke ein, obwohl diese schon damals eine praktikable Lösung gewesen wären.

 

DAS VORLÄUFIGE ENDE DER EINGEMEIDUNGSDISKUSSION DURCH DIE STADTERHEBUNG VON PORZ 1951

Die weitere politische Entwicklung lief den Eingemeindungsbestrebungen der Stadt Köln entgegen. Diese Vorhaben wurden dadurch erschwert, daß der nordrhein-westfälische Innenminister Menzel im Januar 1947 kommunale Gebietsveränderungen zur Landessache erklärte, da sie "großen Einfluß auf den gesamten Aufbau des Landes" haben könnten. Für einen Eingemeindungsantrag mußte nun zusätzlich eine Stellungnahme der Landesplanungsbehörde vorgelegt werden.

Durch den starken Zuzug von Heimatvertriebenen bekamen die einzelnen Gemeinden des Rheinisch-Bergischen Kreises zusätzliches Gewicht. Sie bewiesen, daß sie auch ohne Unterstützung der Stadt Köln in der Lage waren, die neuen Bürger aufzunehmen und für sie Siedlungen zu errichten. Die Gemeinde Bensberg überschritt 1947 die Einwohnerzahl von 30 000 und erhielt deswegen die Stadtrechte. Porz folgte als nächste bergische Gemeinde. Sie erhielt am 16. September 1951 durch den nordrhein-westfälischen Innenminister Flecken das Recht, künftig die Bezeichnung "Stadt Porz am Rhein" zu führen. Als Leit- und Werbespruch für die Stadterhebungsfeier wählte man in Anlehnung an die aus der NS-Zeit stammende Losung "Der örtliche Dreiklang: Industrie, Wehrmacht, Landwirtschaft" nun: "Der örtliche Dreiklang: Industrie, Handel, Landwirtschaft".

Das Gebiet von Porz blieb unverändert. Auch die Grenze zwischen Rath und Heumar wurde nicht bereinigt. Mit der Stadterhebung im Jahre 1951 wurde ein vorläufiger Schlußpunkt unter die Eingemeindungsdebatte gesetzt. Der Konflikt, der jahrelang zwischen Porz und Köln über die Eingemeindungsfrage bestand, wurde in den verschieden Festschriften mit keinem Wort erwähnt. Auch in dem folgenden Jahrzehnt - und noch darüber hinaus - war die Eingemeindung von Porz nach Köln kein Thema für politische Diskussionen. Diese begannen erst wieder nach der ersten kommunalen Gebietsreform Ende der 60er Jahre.

Die Darstellung dieser Entwicklung, die Ende 1974 zur Eingemeindung von Porz führte, wäre Gegenstand einer eigenen Veröffentlichung.

 

ZUSAMMENFASSUNG

Über ein halbes Jahrhundert lang war hartnäckig über die Eingemeindung von Porz nach Köln diskutiert worden. Insbesondere während der ersten Phase der Debatte von 1920 bis 1951 beharrten Gegner und Befürworter fest auf ihren Standpunkten. Ausgelöst wurde diese Auseinandersetzung durch eine Welle von kommunalen Neugliederungen in Preußen und durch den Generalbebauungsplan für Köln von Fritz Schumacher. Hierin faßte Schumacher in einem Konzept Planungen für Gewerbeansiedlung, Wohnungsbau, Versorgung, Naherholung und Ökosysteme für das gesamte Kölner Umland zusammen. Porz hielt er für die Ansiedlung von Industrie und den Bau von Wohnraum für besonders geeignet. Die Kölner Stadtspitze unter Oberbürgermeister Konrad Adenauer nahm die Überlegungen Schumachers als Vorlage für eine expansiven Eingemeindungspolitik. Es kam daraufhin zu heftigen Kontroversen über eine mögliche Eingemeindung von Porz und anderer, an die Domstadt grenzenden Kommunen.

Während des "Dritten Reiches" wurde die Diskussion trotz einer ideologischen Großstadtfeindlichkeit weiter geführt und sogar um einige Gesichtspunkte erweitert.

Unmittelbar nach der Einnahme Kölns durch die Amerikaner 1945 setzten Adenauer und sein Schwager Willi Suth dieses Thema sofort wieder auf die politische Tagesordnung.

Befürworter und Gegner waren sich über die Notwendigkeit einer großräumigen Planung einig. Nur um deren Umsetzung konnte kein Einvernehmen gefunden werden. Die Hauptargumente wurden, unabhängig von Parteizugehörigkeit und dem politischem System in Deutschland, kontinuierlich angeführt. Die Stadt Köln betonte zur Schaffung von Industrie die Notwendigkeit neuen Wohnraums außerhalb der Stadtgrenze. Porz sei wegen der günstigen Verkehrsanbindung und der großen Anzahl von Freiflächen als Kölner Industrievorort besonders geeignet. Eine großräumige Planung könne nur unter einer einheitlichen Verwaltung der Stadt Köln zügig umgesetzt werden.

Die Gegner einer Eingemeindung hielten dem entgegen, daß eine zentrale Stadtverwaltung für die an der Peripherie liegenden Ortschaften nur Nachteile habe: Die Wege zu den Ämtern seien zu lang, es mangele an Bürgernähe, und den Interessen der ehemals eigenständigen Gemeinden würde nicht genügend Beachtung geschenkt, da sie im Stadtrat unterrepräsentiert seien. In einer kleinen Gemeinde hätten die einzelnen Bürger wesentlich mehr Möglichkeiten der Einflußnahme. Durch den Bau von Wohnsiedlungen gehe wertvolle Ackerfläche verloren. Daher befürchtete man im Bergischen Land die Gefahr der zunehmenden Verstädterung und den damit verbundenen Verlust der "Bodenständigkeit". Man grenzte sich scharf von der Stadt Köln und ihrem vermeintlich schlechten Einfluß auf die "verwurzelte" Landbevölkerung ab. Um dies zu bekräftigen, wurde die Auffassung vertreten, daß Porz gar nicht zum Kölner Wirtschaftsgebiet gehöre. Die Legende vom Kreis als "Bollwerk" gegen die Eingemeindungspläne sollte die Einwohner der Rheinisch-Bergischen Kreises zu Geschlossenheit aufrufen. Diese Argumenten entbehrten jeder sachlicher Grundlage, da Porz geographisch und wirtschaftlich gesehen nicht zum Bergischen Land gehörte. Gegner einer Eingemeindung, die über die schlechten Verbindungen von Porz zur Kreishauptstadt klagten, widersprachen sich somit selber. Während des "Dritten Reiches" wurden auch militärische Gründe in der Diskussion eingebracht. Wirklich dringende Probleme, wie die Korrektur der Grenzziehung zwischen Rath und Heumar, wurden nur am Rande erörtert.

Nach dem Zweiten Weltkrieg hatten die Besatzungsmächte die Befugnis, Gebietsveränderung vorzunehmen. Deshalb versuchte die Kölner Stadtspitze, die Militärregierungen für ihre Pläne zu gewinnen. Zunächst fand man das Wohlwollen der Amerikaner, während die britische Militärregierung hingegen skeptisch war. Durch Stellungnahmen der betroffenen Landkreise wurden die Briten in ihrer Skepsis bestärkt und sahen in Adenauers Plänen keinen Beitrag zum Wiederaufbau. Der Kölner Oberbürgermeister wurde u.a. deswegen des Amtes enthoben. Trotzdem verfolgte Oberstadtdirektor Suth die Pläne weiter.

Auch in Porz wurde die Auseinandersetzung über die Stadterweiterung zunächst sehr kontrovers geführt. Trotzdem behauptete der Porzer Bürgermeister Olbrich, daß die Ablehnung der Eingemeindung in Porz "einmütig" gewesen sei. Die Stimmen, die sich für eine Eingemeindung nach Köln aussprachen, fanden keinerlei Beachtung in den für die Militärregierung bestimmten Gutachten gegen die Eingemeindung. Statt dessen übernahm man Begründungen gegen die Stadterweiterung aus Denkschriften des "Dritten Reiches", ohne dies jedoch kenntlich zu machen. Es wurde ideologischer Ballast abgeworfen, und die vorgebrachten Argumente wurden entsprechend der politischen Lage neu interpretiert.

Die Diskussionen in Porz und dem Rheinisch-Bergischen-Kreis erreichten nach dem Zweiten Weltkrieg ihren Höhepunkt zu einer Zeit, als man in Köln das Vorhaben zwar noch nicht ganz von der Tagesordnung gestrichen, aber eher nebensächlich behandelt hatte. Die 1948 und 1950 von dem Kölner Generalplaner Rudolf Schwarz verfaßten Denkschriften hatten keine unmittelbaren politischen Auswirkungen. Und als Porz 1951 "die junge Stadt am Rhein" wurde, schien die Gefahr einer Eingemeindung nach Köln ein für allemal gebannt zu sein.

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Teil 1: Von 1919 bis 1943