5. Die Kreuzblume - Denkmal der Domvollendung

Unmittelbar neben dem Brunnen steht die originalgetreue Nachbildung einer Kreuzblume, wie sie als oberster Abschluß der Domtürme dient. Das Denkmal wurde 1980 anläßlich der 100-Jahr-Feier zur Domvollendung vom Verkehrsamt der Stadt Köln gestiftet. Es handelt sich hierbei um die "zweite Auflage" des Modells. Die erste Kreuzblumenkopie aus Kunststoff wurde in der Nacht zum 1. März 1990 von dem Sturmtief Wiebke zerfetzt. Daraufhin ließ man eine stabilere Version aus Beton anfertigen. In verschiedenen Sprachen erklären daran angebrachte Tafeln, um was es sich handelt. Natürlich gibt es auch eine kölsche Variante:

"Nohjemaate Krützblom, jenau esu jroß wie bovve op denne Domtürm"

Tatsächlich blieben die Türme (und andere Teile) des Doms jahrhundertelang unvollendet. Ein großer Hebekran auf dem nur ca. 55 Meter hohen Stumpf des Südturms bildete während dieser Zeit gewissermaßen das Wahrzeichen von Köln, und man sieht ihn auf vielen alten Stadtansichten.

Begonnen hatte man mit dem Bau im Jahre 1248. Am 15. August (Mariä Himmelfahrt) legte der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden den Grundstein zur gotischen Kathedrale. Vorher war der östliche Teil der alten Bischofskirche abgerissen worden. Um das aus karolingischer Zeit (9. Jahrhundert) stammende Gebäude möglichst schnell abreißen zu können, hatte man sich der Methode des "warmen Abbruchs" bedient - an einem windigen Tag Ende April. Unglücklicherweise brannte dabei fast der ganze Alte Dom ab, dessen Westteil erst provisorisch wiederhergerichtet werden mußte, bevor der Neubau beginnen konnte.

Anlaß für den Bau einer Bischofskirche nach dem Vorbild der gotischen Kathedralen in Frankreich war die Übertragung der Reliquien der Heiligen Drei Könige durch Reinald von Dassel im Jahre 1164. Dieser war Erzbischof von Köln und zugleich Kanzler und Heerführer Kaiser Friedrich Barbarossas. Ihm gelang nach langer Belagerung die Eroberung und Zerstörung der norditalienischen Stadt Mailand, woraufhin der Kaiser ihn mit den erbeuteten Reliquien belohnte. Die Gebeine der Weisen aus dem Morgenland - schon in der Spätantike bezeichnete man sie als Könige - wurden von Barbarossa sogar zu Reichsreliquien erklärt.

Der jetzt im Hochchor des gotischen Doms aufbewahrte Schrein für die Reliquien wurde 1220 vollendet und zunächst im Alten Dom aufgestellt. Die Nachricht von der Ankunft der Gebeine hatte sich in Windeseile bei den Pilgern verbreitet, und die Stadt Köln, die wegen ihrer zahlreichen Heiltümer den Rang einer Heiligen Stadt hatte, entwickelte sich zum wichtigsten Wallfahrtsort im Norden Europas. Die Pilger waren es auch, die das kostspielige Bauvorhaben finanzieren halfen. Alle Gaben, die auf dem Altar des heiligen Petrus (im Westchor des Alten Doms) niedergelegt wurden, sollten für den Neubau verwendet werden.

Das Baumaterial kam aus einem Steinbruch im Siebengebirge, den schon die Römer benutzt hatten: vom nur ca. 40 km von Köln entfernten Drachenfels.

Im 16. Jahrhundert setzte ein allgemeiner wirtschaftlicher Niedergang der Stadt ein, von dem sich Köln erst im 19. Jahrhundert erholte. Weil das Geld zur Finanzierung fehlte, beschloß das Domkapitel 1560 die Einstellung der Bauarbeiten. Immerhin waren mehr als 50 Prozent des Gebäudes fertiggestellt.

Erst 1842 - nach fast 300 Jahren Unterbrechung - wurde mit dem Weiterbau begonnen. Vorausgegangen waren ab 1823 erste Reparaturarbeiten. In der Zeit der französischen Besetzung Kölns unter Napoleon waren große Schäden entstanden. 1833 übernahm der schlesische Architekt Ernst Friedrich Zwirner im Auftrag des preußischen Oberbaudirektors Schinkel die Bauleitung, und der preußische König - Köln gehörte seit 1815 zu Preußen - erließ sogar eine Kathedralsteuer.

Großen Einfluß auf den Wunsch zur Domvollendung übte das Kupferstichwerk eines prominenten Kölners aus. Der Kunstsammler Sulpiz Boisserée hatte 1808 begonnen, Zeichnungen vom damaligen und dem (vorgestellten) vollendeten Zustand anzufertigen. 1814 entdeckte man dann sogar den großen Fassadenplan wieder, der lange als verschollen galt. Eine Hälfte fand man zufällig in Darmstadt, die andere Hälfte wurde in Paris erworben. Die vier Meter hohe Pergamentzeichnung stammt aus dem 14. Jahrhundert und zeigt einen Aufriß der Westfassade in allen Details.

Dem preußischen König Friedrich Wilhelm IV. verdanken wir den Fortbau des Doms. Der König war ein Anhänger der romantischen Bewegung, und er war mit den Plänen Boisserées gut vertraut. Viele deutsche Romantiker sahen im Kölner Dom ein Nationaldenkmal, dessen Fertigstellung als die heilige patriotische Pflicht des deutschen Volkes betrachtet wurde. Man begeisterte sich für das Mittelalter und die, wie man damals glaubte, "altdeutsche" (tatsächlich allerdings französische), gotische Kunst. Der König gestattete den Kölnern die Gründung des Zentral-Dombauvereins und verpflichtete sich, jährlich 50.000 Taler - die Hälfte der Bausumme - aus der eigener Tasche beizusteuern. Den Rest mußte der Verein aufbringen.

Mitte des 19. Jahrhunderts geriet der Dombauverein in finanzielle Schwierigkeiten. Um den Bau der Türme finanzieren zu können, gründete er schließlich eine Lotterie. Die Dombaulotterie gibt es - wie den Verein - noch heute.

Auch nach der offiziellen Feier der Domvollendung im Jahre 1880 war der Bau noch nicht wirklich fertig. Schon bald erschienen wieder die ersten Gerüste. Reparatur- und Restaurierungsarbeiten dauern bis heute an. Als Folge der Umweltverschmutzung verwittern Steine und Fenster des Domes schneller als früher. Die Erhaltung des Bauwerks, das seit 1996 offiziell zum Weltkulturerbe gehört, verschlingt Unsummen. 1997 betrug das Jahresbudget der Dombauhütte rund 17 Millionen Mark! Auch die Schäden, die aus dem Zweiten Weltkrieg herrühren, sind noch längst nicht alle beseitigt. Immerhin waren im Krieg 10 Prozent des Bauwerks zerstört worden. Am auffälligsten erinnert daran die Domplombe, eine Flickstelle aus Ziegelsteinen am Nordturm. Die im Krieg zerstörten Fassadenteile sollen allerdings in den nächsten Jahren wiederhergestellt werden, so daß diese Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg bald nicht mehr zu sehen sein wird.

Trotz etlicher Bombentreffer und Granateinschläge kam der Dom damals im Vergleich zur ihn umgebenden Innenstadt, die zu 90 Prozent zerstört wurde, noch recht glimpflich davon, und so wird oft die erstaunte Frage gestellt: Wie konnte der Dom eigentlich den Krieg weitgehend unbeschadet überstehen, während die Stadt um ihn herum in Schutt und Asche gelegt wurde? Dazu gibt es verschiedene Theorien, die mehr oder weniger überzeugend klingen. Man könnte aber auch mit einer Legende antworten, die deutlich macht, daß diese Kirche unter allerhöchstem, himmlischem Schutz steht:


DER KÖLNER ALTSTADTFÜHRER